Geschichte

1892: Die ersten sog. Internationalen Deutschen Meisterschaften – die Internationalität besteht lediglich in der Teilnahmeberechtigung für Österreicher – finden auf der Anlage des Eisenbahnvereins auf der Uhlenhorst (heute Klipper Hamburg) statt. Wenige Tage nach der Eröffnung am 27. August 1892 muss das Turnier unterbrochen werden, weil die Cholera in Hamburg wütet. Erst einen Monat später steht mit dem 19-jährigen Walter Bonne der Sieger fest. 1902, drei Jahre nach dem Exil des Turniers in Bad Homburg (1898 – 1901), wird der Rothenbaum erstmals Austragungsort der German Open, wo sie bis zum 1. Weltkrieg im Wechsel mit der Uhlenhorst durchgeführt werden. Seit 1924 ist die Anlage am Rothenbaum endgültiger Standort des Turniers (siehe Deutsche Tennisturniere).

 

1913:  Wiesbaden, 3. bis 5. Juni: Deutschland besiegt im Davis Cup Frankreich mit 4:1. Es ist das erste Davis Cup-Match für Deutschland, das auf den Tennisplätzen der Kurverwaltung an der Blumenwiese stattfindet. Fürs deutsche Team spielen: Oskar Kreuzer, Friedrich-Wilhelm Rahe und Heinrich Kleinschroth. Spannendstes Match war die zweite Begegnung: Decugis´ Sieg mit 6:2, 4:6, 6:2, 6:8 und 5:7 gegen Rahe.

 

1931:  Das Tennismekka Wimbledon erlebt in diesem Jahr ein deutsches Fräuleinwunder. Zum ersten Mal bestreiten zwei deutsche Tennisdamen das Finale im Einzel auf dem „Heiligen Rasen“. Siegerin und erste deutsche Titelträgerin wird, nach ihrem 6:2 und 7:6 über Hilde Krahwinkel aus Essen, die Kölnerin Cilly Aussem. Die 21-jährige Aussem hatte zuvor bereits die French Open gewonnen. Hilde Krahwinkel, die als Leichtathletin auf Olympia verzichtet hatte, stand schon 1930 im Mixed-Finale vom Wimbledon.

 

1934:  Der deutsche Baron Gottfried Freiherr von Cramm, Jahrgang 1909, steht im Finale der French Open. Dort wehrt er gegen seinen Rivalen, den Weltranglistenersten und Titelverteidiger Jack Crawford aus Australien, beim Stand von 4:5 im 4. Satz einen Matchball ab und dreht das Spiel noch um. Er gewinnt mit 6:4, 7:9, 3:6, 7:5 und 6:3 erstmals die French Open.

 

1936:  Gottfried Freiherr von Cramm wiederholt das Kunststück und gewinnt erneut in Paris (6:0, 2:6, 6:2, 2:6 und 6:0 gegen Fred Perry), kann aber Wochen später im Wimbledon-Finale gegen denselben Briten (U 1994) nicht überzeugen. Er verliert wie auch schon im Jahr zuvor – diesmal mit 1:6, 1:6 und 0:6 nach nur 40 Minuten wegen einer Muskelzerrung im Oberschenkel. Von Cramm gewann die zwei Spiele im ersten und zweiten Satz auch nur mit Glück, denn Perry half ihm jeweils mit einem Doppelfehler. Der Deutsche gibt eine Verletzung erst Stunden später zu und somit wird er für die Engländer zum würdevollsten Verlierer. Fred Perry gewinnt insgesamt acht GS-Titel, davon drei in Wimbledon. Von Cramm verliert auch 1937 das Finale mit 3:6, 4:6 und 2:6 in 65 Minuten gegen Donald Budge (U 2000), den 1,90 m großen Ami, der sich in diesem Jahr das Triple sichern kann.

 

1955:  Am Hamburger Rothenbaum wird Gottfried Freiherr von Cramm, genannt „der Kronprinz von Wimbledon“, am 7. August im Alter von 46 Jahren zum letzten Mal deutscher Tennismeister im Doppel mit seinem Partner Budge Patty (USA). Er spielt zwischen 1932 und 1953 102 Davis Cup-Matches im Einzel und Doppel (82 Siege) und gewinnt insgesamt 27 deutsche Titel. 1938 empfängt ihn die Gestapo am Hafen, als er mit dem Schiff von den australischen Meisterschaften heimkehrt. Sie steckten ihn wegen eines angeblichen Verhältnisses zu einem Juden für 15 Monate ins Gefängnis. Nach seiner Freilassung ist er für alle internationalen Wettbewerbe gesperrt. Erst der schwedische König Gustav V. – ein Tennisfan – sorgt dafür, dass von Cramm 1942 der erste deutsche Sportler ist, der ins Ausland reisen darf. Später baut er den LTTC Rot-Weiß Berlin wieder auf. Am 9. November 1976 stirbt er im Alter von 67 Jahren bei einem Autounfall auf einer Wüstenstraße vor Kairo.

 

1967:  Wimbledon, 7. Juli: Mit dem 28-jährigen Düsseldorfer Wilhelm Bungert steht nach 30 Jahren wieder ein deutscher Spieler im Finale des legendären Rasenturniers. Der vielfache deutsche Meister unterliegt aber dem Australier John Newcombe vor 14 800 begeisterten Zuschauern glatt mit 3:6, 1:6 und 1:6. Bungert hat in Wimbledon bereits 1963 und 1964 das Halbfinale erreicht. In diesem Jahr ist er durch vier lange Fünfsatzmatches in den vorigen Runden geschwächt. Schwacher Trost: Ein Bekleidungsbon im Wert von 120 DM.

 

1970:  Legendär das erste Davis-Cup-Finale mit deutscher Beteiligung in Cleveland/Ohio: Deutschland unterliegt unter der Führung von Kapitän Ferdinand Henkel den USA mit 0:5. Wilhelm Bungert und Christian Kuhnke (beide 31) verlieren ihre Einzel gegen Arthur Ashe und Cliff Richey und auch im Doppel gegen Stan Smith/Bob Lutz. Herausragend: Kuhnkes wackerer Kampf gegen Ashe – 8:6, 12:10, 7:9, 11:13, 4:6.

 

1982:  New York, Madison Square Garden, 29. März: Sylvia Hanika gewinnt als erste Deutsche das Masters. Die 22-jährige aus Ottendichl bei München kann einen 1:6 und 1:4 Rückstand gegen die hochfavorisierte Martina Navratilova noch in einen Sieg umwandeln. Sie findet plötzlich ihren Rhythmus gegen die konsternierte Tschechin, die wie stets mit wütenden Netzattacken das Schicksal wenden will. Der entscheidende Ball ist der Rückhandreturn von Hanika bei 4:4, 30:40, Service Navratilova zum 5:4-Break. Danach hält die Münchnerin ihren Aufschlag. 15 081 Fans spenden ihr nach diesem 1:6, 6:3 und 6:4 Tenniswunder, wofür sie ein Preisgeld von 239 000 DM kassiert, stehend Beifall. Der Turnier-Sieg war auch deshalb überraschend, weil Hanika gerade erst die Folgen eines schweren Autounfalls überstanden hat. Ihre beste Weltranglistenposition: Platz 5. Ihre Karriere endet 1991 auf Grund eines Tennisarms.

 

1985:  Wimbledon, 7. Juli: Finalpartie: Kevin Curren (27, Südafrika) gegen Boris Becker (17). Den 1. Satz gewinnt Becker wie im Traum mit 6:3, den zweiten verliert er erst im Tiebreak mit 4:7. Im 3. Durchgang zeigt Becker zum erstenmal seine Faust und einen Hechtsprung. Er zwingt Curren mit 7:3 im Tiebreak in die Knie. Im 4. Satz führt Becker mit 5:4 und 40:15 und hat bei eigenem Aufschlag zwei Matchbälle. Da passiert ihm ein Doppelfehler. Eine Chance bleibt ihm noch. Er schlägt auf, Curren fliegt fast der Schläger aus der Hand. Um exakt 17.26 Uhr heißt es dann: Game, Set and Match Becker. In Deutschland verfolgen 11,19 Mio. Menschen (31 % Einschaltquote) an den TV-Geräten den Triumphzug des jüngsten Wimbledon-Siegers. Becker gewinnt als 1. Deutscher das Traditionsturnier und löst in Deutschland einen Tennisboom aus (siehe „Sternstunden des Sports – Wimbledon“, S. 86ff.).

Frankfurt, Festhalle, 4. Oktober: Ein unvergessliches Davis-Cup-Match: Nach 5:29 Stunden gewinnt Michael Westphal kurz vor Mitternacht gegen Tomas Smid (CSSR) mit 6:8, 1:6, 7:5, 11:9 und 17:15 und legt somit den Grundstein für Deutschlands ersten Einzug ins Finale. Dabei hatte der blonde Lockenkopf bereits zwei Sätze und ein Break im Dritten hinten gelegen, ehe ihn eine Zwangspause rettete. Der Teppichboden hatte sich gelöst und die Partie stand kurz vor dem Abbruch. Danach kommt Smid, der bis dahin glänzend gespielt hat, nicht mehr in Tritt. Westphal, der im Zeitraum von 1982-´86 auf 12 Davis Cup-Einsätze kommt, war der Star des Abends. Als ein Jahr später die Zusammenarbeit mit seinem Entdecker und Trainer Klaus Hofsäss endet, beginnt der sportliche Abstieg des Spielers, der sich sein Selbstbewusstsein weder von Trainern noch von Funktionären nehmen lässt. Ein Comeback Versuch 1988 scheitert jedoch. Am 20. Juli 1991 stirbt er – der 1986 mit Rang 49 seine höchste Weltranglistenplatzierung erreichte – mit 26 Jahren an Aids, wie erst zehn Jahre später durch seine damalige Freundin Jessica Stockmann bekannt wird. Bis dahin hatte man angenommen, der zuletzt 1,96 m große und 55 kg leichte Westphal sei an einer rätselhaften Viruserkrankung gestorben.

 

1986:  Hilton Head, 13. April: Eine gewisse Stefanie Maria Graf aus Brühl gewinnt ihr erstes WTA-Turnier. Sie schlägt die favorisierte US-Amerikanerin Chris Evert mit 6:4 und 7:5.

 

1987:  Hartford, US-Staat Connecticut, 25. Juli: Die größte Davis Cup-Schlacht aller Zeiten. Das deutsche Team gegen die USA – wer verliert steigt ab. John McEnroe gegen Boris Becker (19). Das Match beginnt um 16.38 Uhr und endet um 23.17 Uhr. Mit 6:39 Stunden ist es das längste Match der Davis Cup-Geschichte, das auch vom TV in voller Länge übertragen wird (damaliger ARD-Kommentator: Volker Kottkamp). Am Ende siegt Boris mit 4:6, 15:13, 8:10, 6:2, 6:2 vor 14 000 begeisterten Fans im Civic Center, wo zur Erinnerung noch heute eine deutsche Flagge an der Decke hängt. Allein der 2. Satz dauerte 2:35 Stunden und der acht Jahre ältere „Big Mac“ tat alles, um die Stimmung in dem Hexenkessel noch zusätzlich anzuheizen. Im entscheidenden letzten Einzel macht Becker den 3:2-Sieg der Deutschen perfekt: Er schlägt den Ami Tim Mayotte 6:2, 6:3, 5:7, 4:6 und 6:2.

Los Angeles, US-Staat Kalifornien, 16. August: Steffi Graf wird nach ihrem Turniersieg gegen Chris Evert neue Nummer eins der Damen-Tenniswelt. 2 ½ Monate zuvor konnte sie ihren ersten Grand Slam-Titel gewinnen. Im Finale der French Open zeigt Martina Navratilova Nerven und beendet das Match mit einem Doppelfehler zum 6:4, 4:6 und 8:6. Noch im gleichen Jahr kann die 18-jährige mit dem deutschen Fed Cup-Team den Finalsieg gegen die USA perfekt machen.

 

1988:  Göteborg, Scandinavium, 16. bis 18. Dezember: Deutschland gewinnt den seit 1900 bestehenden Davis Cup zum ersten Mal. Boris Becker, Carl-Uwe Steeb, Eric Jelen und Patrick Kühnen siegen unter Teamchef Niki Pilic. Im Finale wird Schweden auf Sand mit 4:1 bezwungen. Legendär das Spiel zwischen Steeb und der damaligen Nr. 1 in der Welt Mats Wilander. Nach hartem Kampf und Zweisatz-Rückstand gewinnt Steeb (21) schließlich mit 8:10, 1:6, 6:2, 6:4 und 8:6. Becker (21) hat zuvor den amtierenden Wimbledon-Sieger Stefan Edberg mit 6:3, 6:1, 6:4 geschlagen und kann an der Seite von Eric Jelen auch das Doppel gegen Edberg und Jarryd mit 3:6, 2:6, 7:5, 6:3 und 6:2 gewinnen.

Boris Becker konnte bereits am 5. Dezember als erster Deutscher das Masters-Turnier in New York mit 5:7, 7:6, 3:6, 6:2 und 7:6 gegen Ivan Lendl gewinnen.

Steffi Graf gewinnt in diesem Jahr den „Golden Slam“ (siehe Tennislexikon). Sie bezwingt im Finale der Australian Open die amerikanische Altmeisterin Chris Evert mit 6:1 und 7:5. Vier Monate später zerschmettert sie in nur 34 Minuten den Traum von Natalia Zwerewa. Graf gewinnt mit 6:0 und 6:0 das French Open-Finale in Paris. Damit stellt die 18-jährige Brühlerin einen Rekord auf: Niemals zuvor und niemals danach endet ein Grand Slam-Finale so eindeutig. Steffis unheimliche Siegesserie setzt sie mit dem Wimbledon-Sieg fort. Im Endspiel ringt sie, mittlerweile 19 Jahre alt, Martina Navratilova mit 5:7, 6:2 und 6:1 nieder (siehe „Sternstunden des Sports – Wimbledon“, S. 98ff.). Nun fehlt ihr nur noch ein Sieg zum „großen Wurf“ (Grand Slam), dem ersten seit Margaret Courts Triumph 1970. Dieser wichtige Sieg gelingt Steffi bei den US-Open in Flushing Meadows. Dort gewinnt sie am 10. September gegen Gabriela Sabatini (6:3, 3:6, 6:1). Auf die Argentinierin trifft Steffi dann wieder im Endspiel der olympischen Sommerspiele im südkoreanischen Seoul. Sie siegt diesmal eindeutiger mit 6:3 und 6:3. Mit diesem 40. Sieg in Folge sichert sich „Die Gräfin“ den ersten und bisher einzigen „Golden Slam“ in der Tennisgeschichte.

 

1989:  Der Spiegelsaal des Londoner Savoy-Hotels ist mit zwei schwarz-rot-goldenen Fahnen dekoriert, denn beim berühmtesten Tennisturnier der Welt – Wimbledon – gilt es einen deutschen Doppelsieg zu feiern. Um 21.45 Uhr Ortszeit betritt an diesem 9. Juli Stefanie Maria Graf im schulterfreien, weißen Kleid den Raum. Von Boris Becker, dem zweiten Ehrengast des Champions-Dinners, fehlt noch jede Spur. Er erscheint erst eine Stunde später, als die Kellner bereits die Lachs-Pastete servieren. Dem Weg zu diesem Champions-Dinner steht ein Sieg in Wimbledon bevor. Den schaffte das „Königspaar“ des deutschen Tennis souverän. Während Graf Monica Seles mit 6:0, 6:1 und Chris Evert mit 6:2 und 6:1 abfertigt um in das Finale einzuziehen, liefert sich Becker im Halbfinale einen Fünf-Satz-Krimi gegen Ivan Lendl. Nachdem er den Tschechen mit 7:5, 6:7, 2:6, 6:4 und 6:3 bezwingen kann, wartet im Finale der Vorjahressieger Stefan Edberg. Doch gegen den Schweden hat Becker keinerlei Probleme. Er führt ihn mit 6:0, 7:6, 6:4 regelrecht vor. Stunden zuvor hat bereits Graf ihr bestes Tennis gezeigt, indem sie die große Martina Navratilova mit 6:2, 6:7 und 6:1 bezwingt. Ihr Finale musste wegen Regens auf Sonntag verschoben werden.

Acht Wochen nach diesem historischen deutschen Doppelsieg gelingt den beiden bei den US-Open erneut ein deutsches Wunder. Graf besiegt im Finale erneut Martina Navratilova mit 3:6, 7:5, 6:1 und Becker holte sich den Triumph gegen Ivan Lendl 7:6, 1:6, 6:3, 7:6.

Zudem gelingt beiden eine Titelvereidigung: Steffi wird wieder „Sportlerin des Jahres“ und Boris gewinnt wieder mit dem Davis Cup Team im Finale gegen Schweden und wird „ATP-Spieler des Jahres“.

 

1990:  Melbourne im Januar, Australian Open: In der dritten Runde gewinnt die Italienerin Raffaella Reggi mit 7:5, 4:6 und 6:4 gegen eine Deutsche, deren Name in der Szene neu ist: Anke Huber, 15 Jahre jung.

Im gleichen Jahr kann Michael Stich, ein 21-jähriger Elmshorner, seinen ersten Sieg auf der ATP-Tour feiern. Im Finale des Turniers von Memphis bezwingt er den Australier Wally Masur mit 6:7, 6:4 und und 7:6. 17 weitere Titel sollen bis zum Karriereende folgen.

Boris Becker wird „Sportler des Jahres“, obwohl er nicht viel ausrichten konnte. Bei den Australian Open verliert er im Viertelfinale gegen Mats Wilander, bei den French Open scheitert er in Runde 1 am Kroaten Goran Ivanisevic und beim Halbfinale der US Open unterliegt er Andre Agassi. Nur in Wimbledon kann Becker das Finale erreichen. Doch auch in seinem „Wohnzimmer“ ist er der Unterlegene. Mit 6:2, 6:2, 3:6, 3:6, 6:4 gewinnt ein Schwede – Stefan Edberg sein Name.

 

1991:  Wimbledon, 7. Juli: 40 Grad im Schatten, der Centre Court ein Glutofen. Das 105. Herren-Einzel-Finale der All England Championships ist das erste deutsch-deutsche Herren-Endspiel. Der eine kämpft und brüllt – dem anderen glückt alles, egal ob Aufschlag oder Volley. Eiskalt serviert Michael Stich (22), der in dieser Saison zum ersten Mal unter den Top 50 der Welt auftaucht, die Nr. 1 der Tennis-Welt Boris Becker in 2:32 Stunden mit 6:4, 7:6 und 6:4 ab. Die Zuschauer staunen und der zuvor klare Favorit Becker ist frustriert und enttäuscht, hatte er doch bereits im vergangenen Jahr das Finale (gg. Stefan Edberg) verloren. „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Ich kann noch gar nicht realisieren was hier passiert ist, aber das wird schon noch kommen“, sagt Stich nach dem überraschenden Sieg. Becker über seine tiefe Enttäuschung: “Es wird Wochen dauern, bis ich zur Normalität zurückfinde.“ Die Statistik zum Siel aus Stichs Sicht: 15:10 Asse, 3:4 Doppelfehler, 114:103 Punkte und 3:2 Breaks. Stichs Sieg verwirrt auch den Schiedsrichter David Bryson aus Ilford in Essex, der um 16.42 Uhr ins Mikrofon sagt: Game, Set and Match – Mr. Becker. Durch den Final-Einzug rückt Becker in der Weltrangliste wieder an die Nr. 1 vor – wo er schon für wenige Wochen nach seinem Australian Open-Sieg (gg. Ivan Lendl) stand. Für Stich endet das Jahr mit der Auszeichnung „Sportler des Jahres“.

Am Tag zuvor hat die bei den Damen topgesetzte Steffi Graf Gabriela Sabatini aus Argentinien im Finale mit 6:4, 3:6 und 8:6 geschlagen, und das obwohl Sabatini im letzten Satz zwei Matchbälle hat. Am Abend tanzt Michael mit Steffi den Eröffnungswalzer des weltberühmten „Wimbledon-Banketts der Sieger“. Deutschland regiert die Tennis-Welt.

 

1992:  Das deutsche Fed Cup-Team (Steffi Graf, Anke Huber, Sabine Hack und Barbara Rittner) gewinnt zum zweiten Mal den seit 1963 bestehenden Federation-Cup. Unter der Führung von Klaus Hofsäss gelingt in Frankfurt a. M. ein Sieg gegen Spanien. Bereits 1987 führten Steffi Graf und Claudia Kohde-Kilsch (Weltranglisten-Vierte von 1985, Doppelsiegerin bei den US-Open ´85 und in Wimbledon ´87, seit November 2000 verheiratet, heißt jetzt Lehmann-Kohde und bekam im Sommer 2000 ihren Sohn Fynn) als Einzelspielerinnen das deutsche Team in Vancouver zu einem Sieg gegen Titelverteidiger USA.

Bei den Herren geschieht ein kleines Wunder: Im olympischen Doppelwettbewerb von Barcelona treten Michael Stich und Boris Becker gemeinsam an. Das Gespann gewinnt sogar die Goldmedaille.

 

1993: Michael Stich krönt mit dem Gewinn des Davis Cup das erfolgreichste Jahr seiner Karriere als Profi. Das deutsche Team besiegt in Düsseldorf unter Stichs Führung Australien im Finale mit 4:1. Stich holt gegen Richard Fromberg den alles entscheidenden dritten Punkt. Vorher ist der 26-jährige in der Frankfurter Festhalle ATP-Tour-Weltmeister geworden. Er bezwingt den amerikanischen Weltranglisten-Ersten Pete Sampras mit 7:6, 2:6, 7:6 und 6:2. 1993 ist das Jahr, als in der Herren-Weltrangliste zwei Deutsche ganz oben stehen: 1. Becker und 2. Stich.

 

1995: In Moskau unterliegt Deutschland trotz 2:0-Führung im Davis Cup-Halbfinale mit 2:3. Der entnervte Michael Stich verliert das entscheidende letzte Einzel gegen „Volksheld“ Andrei Chesnokov trotz neun Matchbällen nach 4:17 Stunden mit 4:6, 6:1, 6:1, 3:6, 12:14! Allein der dritte Satz dauerte 1:55 Stunde. Trost erhält er anschließend von seinen Teamkameraden Boris Becker, Bernd Karbacher und Marc-Kevin Goellner. Es war das letzte Mal, dass Becker und Stich im Davis Cup-Team zusammenspielten.

New York/Frankfurt, 19. November: Zwei deutsche Tennisgrößen werden am selben Tag Weltmeister. Boris Becker wird nach seinem deutlichen 7:6, 6:0 und 7:6-Sieg gegen Michael Chang (USA) in der Frankfurter Festhalle zum dritten Mal gekürt. Ein paar tausend Kilometer weiter westwärts bezwingt Steffi Graf am gleichen Tag die Heidelbergerin Anke Huber. Im New Yorker Madison Square Garden muss sich Huber, die zum ersten Mal im Masters-Finale steht, mit 1:6, 6:2, 1:6, 6:4 und 3:6 nach langem Kampf geschlagen geben. Graf hat sich zuvor acht Saisontitel gesichert, darunter die French Open, Wimbledon und die US Open. Für Becker gab es eine Trophäe nach fünf Finalteilnahmen.

 

1999:  Eigentlich beginnt das Jahr für Steffi Graf schlecht. Viertelfinal-Aus bei den Australian Open gegen Monica Seles (USA), Halbfinal-Aus in Hannover und Key Biscayne gegen Venus Williams (USA) und Finalniederlage gegen Serena Williams (USA) in Indian Wells. Das ihre besten Ergebnisse bis dato. Dann beginnt die Sandplatzsaison. Doch bei den German Open, dem einzigen Ascheturnier das sie zur Vorbereitung auf die French Open spielt, scheitert sie bereits im Viertelfinale an der Französin Julie Halard-Decugis (FRA). Bei den French Open spielt sie die ersten drei Runden ohne Probleme. Im Achtelfinale trifft sie dann auf Anna Kornikova (RUS), gewinnt den 1. Satz mit 6:3 ohne Probleme. Im 2. Satz vergibt sie beim Stand von 5:4 mit eigenem Aufschlag die Chance auf den Matchgewinn. Im Tiebreak beweist sie dann jedoch ihre mentale Stärke. Im Viertelfinale geht es wieder problemlos gegen Lindsay Davenport (USA) trotz Verlust des 2. Satzes im Tiebreak. Im Halbfinale trifft sie wieder auf ihre langjährige Rivalin Monica Seles. Der 1. Satz geht im Tiebreak verloren. Doch Steffi kämpft sich zurück, gewinnt die Durchgänge zwei und drei mit 6:3 und 6:4. Dann das vielleicht beste Damen-Finale des letzten Jahrzehnts:

5. Juni: Graf musste in den letzten beiden Runden mehr Kraft lassen als Hingis bei ihrem zweiten Finaleinzug in Paris. Im ersten Satz braucht Hingis vier Satzbälle zum 6:4. Im 2. Satz kommt es beim Stand von 2:0 zum Disput. Hingis vermutet ihren ausgegebenen Return im Feld, beharrt auf ihrer Entscheidung und geht sogar auf Grafs Seite rüber um der Stuhlschiedsrichterin Anne Laserre-Ullrich den Ballabdruck, den sie gesehen hat, zu zeigen. Diese bleibt bei ihrer Entscheidung, sodass sich Hingis auf die Bank setzt, bis die beiden Supervisor entscheiden. Hingis bekommt einen Punktabzug. Nach dieser verzweifelten Aktion der Schweizerin steht das Publikum voll hinter der Deutschen, die aber mit 4:5 im zweiten Satz zurückliegt. Hingis schlägt zum Matchgewinn auf, verliert aber dieses Spiel und auch den ganzen Satz mit 5:7. Zu Beginn des 3. Satzes geht dann die Laola-Welle durch das Publikum, das hinter Graf steht. So kann sie diesen Satz auch mit 6:2 gewinnen, obwohl Hingis beim 1. und 2. Matchball von unten servierte. Nach 2:24 Stunden ist das Drama beendet und Martina Hingis verlässt unter Tränen den Platz. Steffi Graf bekommt den Coupe Suzanne Lenglen von der einzigen Frau, die noch mehr GS-Titel in ihrer Karriere gewonnen hat als sie selbst, Margaret Court, überreicht. Wochen später steht sie erneut in einem GS-Endspiel. Doch in Wimbledon verliert sie mit 4:6 und 5:7 gegen eine zu starke Lindsay Davenport (USA). Am 13. August um 12.04 Uhr verkündet sie ihren entgültigen Rücktritt vom aktiven Tennissport. Offiziell verabschiedet wird sie dann während des Masters im New Yorker Madison Square Garden.





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