Sektenproblematisches


    Inhalt:

Die Sektenproblematik im Spiegel einer freien Spiritualität
 
Die Sektenproblematik in der offenen Gesellschaft





Die Sektenproblematik im Spiegel einer freien Spiritualität

 
„......würde man die Priester entsprechend ihrem Verdienst bezahlen, würde man ihre Funktionen entsprechend ihrem wahren Wert einschätzen, so fände man vielleicht, daß sie keinen besseren Lohn verdienen als jene Kurpfuscher, welche an den Straßenecken Heilmittel feilbieten, die gefährlicher sind als die Leiden, welche sie zu heilen versprechen.“ (Paul Thiry de Holbach: Religionskritische Schriften 1778)
 
Der Sektenbegriff ist historisch derart belastet, daß es schwer fällt sich damit zu beschäftigen, ohne Bilder von Massenselbstmördern oder verklärten religiösen Fanatikern damit zu assoziieren. Wenn man bedenkt wieviel Unheil religiöse Eiferer anrichten können, so ist diese negative Wertung gerechtfertigt. Allerdings wird im deutschen Sprachgebrauch alles als „Sekte“ abqualifiziert was nicht den „main stream“ – Glaubensrichtungen entspricht. Und hier haben wir ein Problem, nämlich eine gesellschaftliche Benachteiligung jeglicher freier und ungebundener Spiritualität durch die Einstufung als „Sekte“.
 
Daher ist es unbedingt notwendig sich mit dem Begriff „Sekte“ als auch mit der Sektenproblematik an sich auseinanderzusetzen. Ursprünglich bezeichnet der Begriff „Sekte“ die Abspaltung einer Minorität von der weltanschaulich dominanten Organisation, Religion oder Partei. Dem können Abweichungen in der Ideologie genau so zugrunde liegen, wie unterschiedliche Auffassung hinsichtlich der geeigneten Führungspersönlichkeiten. Zahlreiche „Sekten“ spalten sich dadurch ab, daß charismatische Anführer eine Anzahl von „Anhängern“ um sich scharen auf die sie in der Folge großen Einfluß ausüben ( z.B. Vereinigungskirche [„Moon-Sekte“]). Andere „Sekten“ entstehen durch neu interpretierte Glaubensdogmen ( z.B. die „neuapostolische Kirche“ als Abspaltung der früheren „katholisch- apostolischen Bewegung“).
 
Ironischerweise gibt es religiöse Abspaltungen, die nicht als „Sekten“ bezeichnet werden da sie in höherem gesellschaftlichen Ansehen stehen, obwohl die Kriterien ebenfalls zutreffen würden, so. z.B. die „Altkatholische Kirche“ (entstanden durch die Ablehnung des päpstlichen Unfehlbarkeitsanspruchs als Folge des 1. Vatikanischen Konzils), die zwar zahlenmäßig sehr gering, dennoch der „Römisch- Katholischen Kirche“ rechtlich gleichgestellt ist.
 
Im Allgemeinen werden Glaubensgemeinschaften als „Sekte“ bezeichnet auf die die meisten der folgende Kriterien zutreffen:
 
    - vergleichsweise geringe Anzahl an Mitgliedern

    - Führung durch eine oder mehrere charismatische Einzelpersonen

    - Anspruch auf exklusiven Wahrheitsbesitz

    - Elitäre Denk- und Verhaltensstrukturen

    - Sanktionen gegenüber „Ehemaligen“ und „Abtrünnigen“

    - Verehrung der Religionsstifter

    - soziale Kontrolle der Mitglieder untereinander und durch Führungskräfte

    - verbindliche moralische Verhaltensnormen

    - Demokratiedefizite

    - Missionsdrang

    - bedingungslose Gefolgstreue

 
Wenn wir über die Klassifizierung von Religionsgemeinschaften als „Sekten“ nachdenken werden wir feststellen, daß auch die gesellschaftlich anerkannten „main stream“ Religionen die meisten der oben genannten Kriterien erfüllen. Folglich handelt es sich bei der Bezeichnung „Sekte“ um eine eindeutige Diskriminierung!
 
Keine kleinere Glaubensgemeinschaft würde sich selbst als „Sekte“ bezeichnen sondern sich im Gegenteil zur Wehr setzen. Und viele der sogenannten Sekten sind ihrerseits wieder Opfer von „Abspaltungen“ noch kleinerer Gruppen von „Sektierern“ (z.B. „Mormonen“ und „Zeugen Jehovas“, die jeweils Dutzende von „Abspaltungen“ haben) geworden.
 
Die gesellschaftlich anerkannten großen Kirchen und Glaubensgemeinschaften verdrängen ihre „sektiererischen Ursprünge“ als solche nicht, weigern sich aber mit „Sekten“ verglichen zu werden.(Hätte "Scientology" oder "Universelles Leben" z.B. eine Milliarde Mitglieder wären sie auch eine anerkannte Weltreligion, unabhängig davon was sie glauben)
 
Entstand doch das „Christentum“ im 2. Jahrhundert aus einer Vielzahl konkurrierender Sekten, die allesamt dem Judentum entsprangen, so waren mehrere Jahrhunderte andauernde Zwangsmaßnahmen notwendig um einigermaßen verbindliche Glaubensinhalte mit Gewalt durchzusetzen. Kirchenkonzile wie z.B. das Konzil von Nicäa endeten in handgreiflichen Auseinandersetzungen zwischen den Bischöfen. Dabei wurden dort so wesentliche Dinge wie die Frage der Göttlichkeit Jesu oder der verbindliche Inhalt des „Neuen Testaments“ entschieden. Die Abspaltung von „Orthodoxen“, „Protestanten“, „Reformierten“ und „Evangelen“ ging doch jeweils einher mit Schismen die von „sektiererischen“ Einzelpersonen ( Arius, Luther, Zwingli, Calvin, Heinrich der VIII, LeFevre usw.) maßgeblich geprägt waren. Heute ist die Anzahl „christlicher“ Glaubensgemeinschaften nicht mehr überschaubar.
 
Das Judentum, aus dem sich die christlichen Ursekten entwickelten, war seinerseits im ersten Jahrhundert so zerspalten, daß der jüdisch- römische Geschichtsschreiber Josephus ca. 60 zeitgenössische Sekten aufführt (Christen erwähnt er hier nicht, offensichtlich damals noch zu unbedeutend). Die Verhältnisse im religiösen Judentum haben sich seither kaum geändert.
 
Der Islam, als jüngstes Mitglied im Klub des patriarchalischen Monotheismus war schon in der Erbfolge Mohammeds, also praktisch von Anfang an, hoffnungslos zerstritten und gespalten in Schiitten, Sunniten, Ismaeliten usw.. Der Islam blieb der Sektiererei bis zum heutigen Tage treu.
 
Angesichts der geschichtlichen Entwicklung ist es schon sehr vermessen, wenn Institutionen und Kirchen ihrerseits „Sektenberatung“ anbieten und „Sektenbeauftragte“ besolden, handelt es sich doch nur um religiöse Wettbewerber. Nicht daß Aufklärung nicht Not täte, im Gegenteil, es ist sehr wichtig objektiv und umfassend über Hintergründe und Gefahren zu informieren, aber ist denn gerade der religiöse Wettbewerber dazu qualifiziert und ermächtigt?
 
Die Folgen sind mangelnde Objektivität in der Beurteilung sowie Unter- und Überbewertung von Gefahrenpotentialen mit z.T. grotesken Folgen. Beispiele gefällig?
 
    - Scientology:
 
Obwohl wohl nur einige tausend aktive Mitglieder in Deutschland dieser „Science-Fiction“- Religion angehören wird diese Gruppe vom Bundesverfassungsschutz beobachtet und fällt regelmäßig durch negatives Medienecho auf. Und selbst wenn der gelegentlich erhobene Vorwurf stimmen sollte, daß wirtschaftlicher Erfolg zum Credo gehört, ist das doch in einer kapitalistischen Gesellschaft an sich nichts Ehrenrühriges. Erfolgreiche Leute schmeißen keine Bomben und begehen keine Selbstmordattentate. Und wenn irgend jemand sein Vermögen für Scientology- Kurse ausgeben will, ist das doch nicht schlimmer als wenn er sein ererbtes Haus dem Franziskanerorden vermacht.
 
 
    - Opus Dei
 
Wenn man überhaupt von einer Sekte sprechen kann, die sich die Weltherrschaft zum Ziel setzt und versucht Wirtschaft und Politik zu unterwandern, dann ist es dieser durch den spanischen Priester Escriba in den zwanziger Jahren gegründete katholische Laienorden, dem zwar weltweit nur ca. 80.000 Aktivisten angehören, der aber allerhöchste Protektion durch den Papst und die Mehrzahl aller katholischen Bischöfe genießt. Er arbeitet zudem konspirativ, sein Einfluß ist aber jetzt schon größer als derjenige der Jesuiten. In keinem Verfassungsschutzbericht wurde er trotz seiner verfassungsfeindlichen Ziele je erwähnt, geschweige denn hat ein „Sektenbeauftragter“ je vor Opus Dei gewarnt.
 
 
    - Millis Görüs
 
 
Dieser islamistisch- fundamentalistische Verein treibt in Deutschland sein Unwesen seit Jahrzehnten ohne jemals ernsthaft behelligt worden zu sein. Erst auf massiven Druck seitens der türkischen Regierung wird er nun staatlicherseits „beobachtet“. Verfassungsfeindliche Hetze, Propaganda für einen islamistischen Gottesstaat und Erpressung von meist türkischen Landsleuten sind gerichtlich erwiesen und einzelne führende Mitglieder wurden deshalb rechtskräftig verurteilt. Und dennoch entschied der Senat der Stadt Berlin, daß eine Tarnorganisation dieses Vereins an öffentlichen Schulen islamischen Religionsunterricht erteilen darf. Wo sind hier die „Sektenaufklärer“?
 
 
    - Christliche Mitte
 
Dieser als politische Partei auftretender Verein ist die „christliche Taliban“ schlechthin. Hetze gegen „Gottlose“, Schwule, Lesben, Heiden, Moslems und andere Andersdenkende sind sogar in deren Parteiprogramm verankert. Aber die Politik kümmert sich lieber um Verbotsanträge gegen versprengte Neonazis und verfolgt kleine Stasibürokraten, christliche religiöse Fanatiker lässt sie unbehelligt. Hat sich je ein „Sektenbeauftragter“ dazu geäußert?
 
Man könnte noch viele solcher Beispiele anführen um die Inkonsequenz von „institutioneller Sektenaufklärung“ aufzuzeigen. Was also soll geschehen? Ich stelle dazu folgende Thesen auf:
 
    1. die Aufklärung über Religion muß wertfrei und objektiv über ein bundesweites schulisches Pflichtfach (wie z.B. LER in Brandenburg) erfolgen.

    2. dogmatischer Religionsunterricht muß aus den Schulen verbannt werden

    3. der fragwürdige Status der „Körperschaft öffentlichen Rechts“ für Glaubensgemeinschaften muß abgeschafft werden

    4. „Sekten“- Aufklärung gehört nicht in kirchliche Hände

    5. Gleichbehandlung aller Glaubensgemeinschaften und Kulttreibenden durch den Staat

    6. konsequentes Verbot verfassungsfeindlicher religiöser Aktivitäten

    7. Schluß mit steuerfinanzierter Priesterbesoldung und Steuerbefreiung kirchlicher Einkünfte und Vermögenswerte

 
Dies mögen hehre Ziele sein, und manch einer wird sagen, und daß das auf absehbare Zeit nicht durchsetzbar sei. Das mag sein, aber wer seine Ziele nicht kennt wird sie sowieso nicht erreichen. Daher sind auch kleine Schritte diesbezüglich nützlich.
 
Eine freie und individuelle Spiritualität ist jedenfalls nur dann möglich wenn umfassend und objektiv informiert wird. Kirchliche Hetzpropaganda führt jedenfalls zu Scheiterhaufen und Bücherverbrennung; das ist historisch wohl ausreichend bewiesen. Das Zeitalter der Hexenverbrennungen sollte ein für alle mal vorbei sein.
 
Respekt und gegenseitige Achtung (nicht Diskriminierung) bieten Gewähr für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen, egal ob sie Christ, Heide, Jude, Hindu, Moslem, Buddhist oder Atheist sind. Und auch nur so ist es möglich, die Zukunft, die noch genügend Aufgabenstellungen mit sich bringt zu bewältigen um den nachfolgenden Generationen eine sinnvolle Perspektive zu bieten. (pt 2002)


Die Sektenproblematik in der offenen Gesellschaft

 
Eine Analyse anhand der Beispiele „Scientology“ und „Zeugen Jehovas“ im Vergleich zueinander
 
Obwohl die Diskussion um die Gefährlichkeit von sogenannten „Sekten“ angesichts von Attentaten mit islamistischem Hintergrund wieder etwas verdrängt zu sein scheint, so ist doch die Mehrheit der Bevölkerung hierzulande immer noch der Meinung daß „Sekten“ gefährlich seien.
 
Ich möchte in diesem Essay zwei hierzulande bekannte sogenannte „Sekten“, also kleinere Glaubensgemeinschaften miteinander vergleichen, die auf den ersten Blick völlig unterschiedlich sein mögen, nämlich die „Scientology Church“ und die „Zeugen Jehovas“. Beide Gemeinschaften werden nach wie vor von weiten Teilen der Bevölkerung als destruktiv und bedrohlich eingeschätzt. Beide Gemeinschaften fühlen sich aber gleichermaßen durch Staat und Gesellschaft diskriminiert.
 
„Scientology“ gilt dabei sozusagen als Prototyp der gefährlichen „Sekte“ da sie in weiten Kreisen als totalitär und demokratiefeindlich angesehen wird. Aufgrund dieser Einschätzung wird „Scientology“ von allen Landesämtern für Verfassungsschutz (außer Schleswig- Holstein) beobachtet und erscheint regelmäßig in den Jahresberichten derselben. Es gibt in Deutschland Bestrebungen die Aktivitäten von „Scientology“ zu erschweren wogegen sich die „Kirche“ vehement zur Wehr setzt und dabei auf die Unterstützung von liberalen US- amerikanischen Kreisen und den Straßburger Gerichtshof für „Menschenrechte“ hofft.
 
„Zeugen Jehovas“ (ZJ) gelten dagegen im allgemeinen als harmloser und fallen dem Normalbürger nur durch die „Missionstätigkeit“ ihrer Mitglieder auf. Seit ungefähr zwölf Jahren kämpft die Glaubensgemeinschaft um ihre Anerkennung als „Körperschaft öffentlichen Rechts“ (KdöR) wobei der aktuelle Stand der ist, daß das Bundesverfassungsgericht die Klage der „ZJ“ zur Entscheidung an das Berliner Oberverwaltungsgericht zurückverwies.
 
Obwohl beide Gruppen völlig unterschiedliche Anerkennungsprobleme haben, werden ihre Interessen hierzulande doch zuweilen von den gleichen „Sachverständigen“ und Lobbyisten vertreten, so zum Beispiel von der Berliner Religionswissenschaftlerin Dr. Gabriele Yonan oder dem Heidelberger Professor für Kirchengeschichte Prof. Dr. Gerhard Besier.
 
Um aufzuzeigen was sektentypische Verhaltensweisen sind werden wir die beiden unterschiedlichen Religionsgemeinschaften daraufhin untersuchen inwieweit Gemeinsamkeiten bestehen und diese entsprechend bewerten. Dazu werden wir folgende Kriterien gesondert beurteilen:
 
    1. Ursprung und Gründer
    2. zeitgeschichtliche Entwicklung
    3. die Glaubenslehre
    4. die Führungsstruktur und ihre Einflußnahme auf die Mitglieder
    5. das Verhältnis zu Gesellschaft und Staat

 
Wir werden die Übereinstimmung auf einer Notenskala von 1 bis 10 bewerten, je größer die Übereinstimmung desto höher die Note.
 
Der bekannte Religionswissenschaftler Dr. Schmidt- Salomon aus Trier hat einmal den von ihm sogenannten Demokratiegefährdungs- Wert von Opus Dei und Scientology auf eine ähnliche Art zu bewerten versucht. Aber anders als dort untersuchen wir hier die Gemeinsamkeiten von auf den ersten Blick unterschiedlichen Glaubensgemeinschaften.
 
    1. Ursprung und Gründer:
    a. Scientology:

 
Der Gründer von Scientology ist Lafayette Ron Hubbard der am 13. März 1911 in Tilden (USA) geboren wurde. Nach abgebrochenem Ingeneur- und Mathematik- Studium versuchte er sich als Science- Fiction- Autor und schrieb diverse Groschenromane und ein paar Drehbücher mit allerdings mäßigem Erfolg. Aber das war ihm nicht genug, denn er suchte mehr, nämlich den Erfolg. So war Hubbard in den vierziger Jahren Mitglied von Ordo Templi Orientis (O.T.O), der Loge von Altokkultist Aleister Crowley.
 
Im Jahr 1950 veröffentlichte Hubbard in einem Science- Fiction- Magazin den Artikel: „Dianetik - Einführung in eine Wissenschaft“ um noch im gleichen Jahr das Buch „Dianetik - Die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit“ zu schreiben. 1954 erschien „Scientology: Die Grundlagen des Denkens“. 1956 gründete er dann die „Church of Scientology of California“. Nachdem, wie mancher meint, die US-amerikanischen Finanzbehörden ihm Schwierigkeiten machten, setzte er sich zuerst nach Rhodesien und dann nach Großbritannien ab, bevor er sein Domizil auf ein Schiff in internationale Gewässer verlegte, wo er seine militärisch organisierten Elite- Einheiten „Sea Org“ und „Messenger Org“ gründete, die bis heute noch die obersten Leitungsgremien von Scientology sind, was ihn aber nicht hinderte sich nebenher weiterhin als Science- Fiction- Schriftsteller zu betätigen.
 
In den siebziger Jahren kehrte Hubbard nach Amerika zurück, wo Scientology zunehmend an Einfluss gewann und er ein Hotel in Clearwater/ Florida kaufte das seither Hauptsitz der Organisation ist. 1977 wurde Hubbard angeblich das letzte Mal in der Öffentlichkeit gesehen. Danach brachen heftige Machtkämpfe um die Nachfolge Hubbarts aus, die letztlich ein gewisser David Miscavige für sich entschied. Am 24. Januar 1986 wurde offiziell der Tod Hubbarts bekannt gegeben; weiteres wurde nicht bekannt. Innerhalb von Scientology gilt Ron Hubbard heute als der Erfolgsmensch, der Übervater und das Genie schlechthin. Immerhin verstand er es erfolgreich aus psychologisches Halbwissen, Science- Fiktion und okkultem Unsinn eine verführerisch marktfähige, esoterische Weltanschauung zusammenzubasteln.
 
    b. Zeugen Jehovas

 
Die sich heute „Zeugen Jehovas“ nennenden Glaubensgemeinschaft geht zurück auf den Gründer der „Ernsten Bibelforscher“ Charles Taze Russel, der 1852 in Allegheny/ Pennsylvania in einem presbyterianischen Elternhaus geboren wurde. Über seine Schulbildung ist nichts bekannt. Angeblich war sein Vater, der als selbstständiger Kaufmann im Textileinzelhandel zu bescheidenem Wohlstand kam, angesehenes Mitglied in einer Freimaurerloge. Auch Charles Taze Russel, der in jungen Jahren im väterlichen Betrieb arbeitete, wurden Freimaurerverbindungen nachgesagt. Erst wechselte er zu einer Gemeinde der „Congregationisten“ bevor er als Neunzehnjähriger dann die Gottesdienste der „Second Adventists“, eine der vielen kleinen adventistischen Strömungen aufsuchte. Dort lernte er in der Folge die Adventisten George Storrs, Jonas Wendell, George Stetson und schließlich Nelson Barbour kennen. Er übernahm ihre Ideen zum großen Teil und zimmerte sich so sein persönliches Weltbild zusammen. Speziell Barbour hatte es ihm angetan, so half er 1876 mit seinen privaten finanziellen Mitteln Barbours maroder Zeitschrift „The Midnight Cry“ deren Auflage von 15.000 auf 300 zusammengeschrumpft war (Barbour hatte nämlich die sichtbare Wiederkunft Christi für 1874 vorausgesagt, nichts dergleichen war zu sehen), unter dem neuen Namen „Herald of the Morning“ wieder auf die Füße. Zusammen mit Barbour wurde die „Wiederkunft Christi 1874 “ kurzerhand als „unsichtbar“ erklärt um dann einen neuen Weltuntergangstermin, nämlich 1914 zu propagieren. Auch zeichnete er als Co- Autor des Barbour- Buches „Die drei Welten“ bevor er sich dann mit Barbour über theologische Einzelheiten zerstritt.
 
Das nahm Russel, der sich „Pastor“ nennen lies, obwohl er ja kein Theologiestudium absolviert hatte, zum Anlass 1879 seine eigene Zeitschrift „Zion‘s Watchtower“(„Der Wachtturm“) herauszugeben. Die Abonnenten dieser Zeitschrift waren somit die ersten „Bibelforscher“. Ferner veröffentlichte Russel in der Folge die 6 Bände seiner „Schriftstudien“, die sich in der Hauptsache mit Chronologien und Endzeiterwartung beschäftigten.
 
Vom Lutheraner Joseph Seiss übernahm er die abenteuerliche Pyramidologie- These, wonach „Gottes Weltenplan“ bereits in den Abmessungen der Cheops- Pyramide enthalten sei. Er beschäftigte sich u.a. mit „Wunderweizen“, verlagerte sein Vermögen auf einen von ihm gegründeten Verlag um Unterhaltsforderungen seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau abzuwehren, stritt sich erfolglos vor einem kanadischen Gericht mit einem Baptistenprediger namens J.J. Roß, zog 1909 mitsamt seinem Verlag von Pittsburgh nach Brooklyn, New York (wo die Watchtower, Bible & Tract Society noch heute ihren Hauptsitz hat) um, da seine Ehefrau erneut vor Gericht Unterhalt von ihm erstritt, er aber nicht gewillt war dem nachzukommen, diesem zu entgehen. Nachdem der erwartete Weltuntergang 1914 ebenfalls nicht eintraf starb er verbittert und erkrankt auf einer Eisenbahnfahrt im Oktober 1916, nicht ohne ein Testament zu hinterlassen, das den gesicherten Fortgang seiner Gesellschaften regeln sollte.
 
Die von Russel eingesetzten Erben konnten sich aber nicht gegen den Machtwillen seines Vertrauten Joseph Rutherford durchsetzen, der schon in seiner Trauerrede keinen Zweifel daran aufkommen lies, wer der starke Mann und Visionär (besonders nach der Enttäuschung wegen 1914) sei, auch wenn sich in der Folge des Machtkampfes einige Gruppierungen abspalteten, die zum Teil noch heute ein Schattendasein führen.
 
    Fazit:

 
Sowohl Hubbart als auch Russel waren starke und charismatische Persönlichkeiten, die vor allem im schriftstellerischen Bereich tätig waren, wobei auffällig ist dass beide ihr Hauptaugenmerk auf den geschäftlichen Erfolg setzten, ohne den beider Vorhaben von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Russel und Hubbart erwirtschafteten ihren Finanzbedarf hauptsächlich aus dem Verlagswesen.
 
Beide hatten kein abgeschlossenes Studium vorzuweisen und litten zeitlebens unter Imageproblemen. Andererseits war jeder von ihnen von seiner Vision beseelt, die so stark auf sie selbst und auf andere wirkte, daß sie auch Rückschläge wegstecken konnten ohne ihr Ziel aus den Augen zu verlieren. Beide waren so clever, übernommenes Gedankengut (auch aus dubiosen Quellen) als ihre eigene Offenbarung zu verkaufen, um so ein in sich geschlossenes Weltbild zu offerieren. Außerdem verstanden es beide, ihren Führungsanspruch in ihren Organisationen so zu festigen, daß ihre Autorität in nahezu allen Belangen zu Lebzeiten bedingungslos anerkannt wurde. Beide genossen bei ihren Anhängern ein hohes Maß an Bewunderung. Und zu guter Letzt tobte bei beiden ein Krieg um die Nachfolge.
 
Nicht zu beantworten ist die Frage ob die beiden Religionsstifter selbst an ihre eigenen Lehren geglaubt haben. Da mögen bei beiden gewisse Zweifel bestehen.
Benotung: Note 10 (höchste Übereinstimmung)
 
 
    2. zeitgeschichtliche Entwicklung
    a. Scientology

 
Scientology ist noch eine vergleichsweise junge Organisation. Erst in Siebziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts erreichte sie einen gewissen Bekanntheitsgrad über die USA hinaus. Nach Schätzungen gibt es zwischen einer und sieben Millionen Scientologen in ca. 40 Ländern; in Deutschland sollen es zwischen zwanzig- und siebzigtausend sein. Die Mitgliedschaft bei der Scientology- Kirche ist schwer zu definieren, da es unterschiedliche Einweihungsgrade gibt und die allermeisten Mitglieder erst Anfänger sind und sich mit der Lehre der Scientologen noch nicht oder erst wenig befasst haben. Erst nach ausgiebiger Prüfung und einer Anzahl von absolvierten Kursen werden die Mitglieder der untersten Stufen in die Lehren der Gemeinschaft eingeweiht und erreichen höhere Grade.
 
Allerdings fällt auf daß Scientologen überproportional in Unternehmensberatungen, in der Immobilienbranche, im Direktmarketing und in Strukturvertrieben anzutreffen sind; alles Branchen die zuweilen hohe Wachstumsraten und überdurchschnittliche Gewinne aufweisen. Dies ist auf Hubbarts Lehre zurückzuführen, nach der schneller Reichtum und wirtschaftlicher Erfolg zu erstrebenswerten Zielen definiert sind. Außerdem bieten sich gewisse Scientology- Seilschaften, vor allem in den USA, dazu wunderbar an. Die Missionstätigkeit mit Hilfe von sogenannten „kostenlosen Persönlichkeitstests“ tun ihr Übriges. Allerdings sind die Mitgliederzuwächse in den letzten zehn Jahren eher gering, wie Fachleute meinen.
 
Die Finanzierung der „Kirche“ erfolgt durch den Verkauf von diversen Kursen und die sogenannten „Clearings“ (eine Art psychatrische Selbsthilfegruppe) sowie durch den Verkauf von Devotionalien und Büchern, deren hohe Preise oftmals in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Wert stehen. Um jeweils einen höheren Einweihungsgrad zu erreichen sind verschiedene umfangreiche Kursprogramme zu kaufen, deren Kosten schnell in den fünfstelligen Bereich führen.
 
Scientologen, die sich von der Gemeinschaft abwenden sind gehalten Stillschweigen zu bewahren. Wer sich nicht an die Regeln hält wird als Feind betrachtet und kann unter Umständen massiv schikaniert, ja sogar bedroht werden. Informationsdossiers, die Scientology über jedes Mitglied anlegt werden, dienen auch dazu, mißliebige Personen zum Schweigen zu bringen, besonders dann, wenn ehemalige Mitglieder Insiderwissen publik machen.
 
    b. Zeugen Jehovas

 
Während zur Zeit Russels die Mitgliederzahlen eher bescheiden waren, so führte die Weltwirtschaftskrise der späten zwanziger Jahre als auch die von Russels Nachfolgern allen Mitgliedern verordnete Missionstätigkeit in der Folge zu starken Zuwächsen. In den vierziger Jahren wurden eigens ausgebildete Missionare in alle Welt geschickt um Mitglieder zu werben, allerdings mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Während die „Wachtturm- Gesellschaft nach eigenen Angaben in über 230 Ländern und Inselgruppen präsent ist, so gibt es doch erhebliche Unterschiede.
 
Von den weltweit ca. 6,1 Millionen Zeugen Jehovas, die deshalb zahlenmäßig ziemlich genau erfasst werden können, weil jeder Zeuge einen monatlichen Bericht über seine „Predigtdiensttätigkeit“ abzuliefern hat, lebt wohl ungefähr jeder zweite auf dem amerikanischen Kontinent. Europa und das südliche Afrika sowie der pazifische Raum einschließlich Japan und Korea konnten bis in die achziger Jahre hinein beträchtliche Zuwächse vermelden. In letzter Zeit gab es Steigerungen vor allem in den vormals kommunistischen Staaten, wo die Tätigkeit der Zeugen früher als staatsfeindlich betrachtet und verboten war. Im vorwiegend islamischen Raum sowie in China und Indien gibt es nur vereinzelt Zeugen.
 
In Deutschland ist die Mitgliederzahl die schon über 165.000 lag, in den letzten Jahren leicht rückläufig (zur Zeit ca. 164.000). Neue Mitglieder rekrutieren sich weitgehend aus den Kindern der Zeugen- Familien und nur selten durch die „Predigtdiensttätigkeit“. Die meisten Mitglieder sind daher schon in zweiter, dritter oder vierter Generation ZJ. Die Mitgliedschaft setzt voraus, daß der „Interessierte“ die Glaubensgrundsätze der Wachtturm- Gesellschaft erlernt und sich danach taufen lässt. Allerdings kehrt ein nicht unerheblicher Teil des Nachwuchses der Gemeinschaft den Rücken zu. Diese Entwicklung bei den ZJ hat zur Folge, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil der örtlichen Mitglieder der einzelnen Gemeinden („Versammlungen“ genannt) miteinander verwandt und verschwägert sind.
 
Mitglieder, die die Gemeinschaft verlassen, werden von den übrigen Mitgliedern gemieden (auch Familienmitglieder) und verlieren oftmals ihre gesamten sozialen Kontakte, was oftmals der Grund dafür ist sich unfreiwilligerweise konform zu zeigen um in der Gemeinschaft zu verbleiben. Diese sogenannten „Gemeinschaftsentzüge“, die die Ortsältesten für wirkliches oder angebliches Fehlverhalten bezüglich der Regeln der ZJ verhängen können stellen daher ein Druckmittel dar, das seinesgleichen sucht und in keiner anderen Religionsgemeinschaft von Rang in dieser unbarmherzigen Form praktiziert wird.
 
Die Finanzierung der Glaubensgemeinschaft erfolgt noch ausschließlich über freiwillige, zum Teil anonyme Spenden der einzelnen Mitglieder. Die Abgabe ihrer Literatur im Rahmen ihrer Missionstätigkeit erfolgt aus Steuergründen gratis; Spenden werden jedoch angenommen und sind auch erwünscht.
 
    Fazit:

 
Beide Gemeinschaften sind inzwischen zu nicht mehr übersehbaren Institutionen herangewachsen obwohl ihr Gesamtanteil an der Bevölkerung sich nur im Promillebereich bewegt. Wesentliche Steigerungen der Mitgliederzahlen sind wohl bei beiden Gemeinschaften in Deutschland und im übrigen EU- Raum nicht mehr zu erwarten.
 
Die Mitgliedschaft in beiden Organisationen setzt umfangreiche theoretische Kenntnisse voraus, die unbedingt durch Kurse oder „Studium“ erworben werden müssen um danach als vollwertiges Mitglied anerkannt zu werden.
 
Beide Gruppen setzen auf soziale Kontrolle zur Einhaltung der Regeln der jeweiligen Gemeinschaft. Wird gegen diese verstoßen, so werden diese mit Ausschluß geahndet, wobei die sozialen Folgen bei ZJ als gravierender einzuschätzen sind.
 
Dafür ist bei Scientology der notwendige finanzielle Aufwand der einzelnen Mitglieder ungleich höher, da ja fast jeder Kurs und jede Schrift Geld kostet, bei ZJ dagegen nur eine moralische Verpflichtung besteht sich spendabel zu zeigen.
 
Benotung: Note 8 (große Übereinstimmung bei kleinen Differenzen)
 
 
    3. die Glaubenslehre:

    a. Scientology:

 
Scientologen erfahren die Hubbart’sche Geheimlehre, sein Welterklärungsmodell erst nachdem sie schon sehr viel Geld für sogenannte „Clearings“ ausgegeben haben und schon zwei Einweihungsgrade hinter sich haben. Erst als sogenannter OT3 (Operierender Thetan der 3. Stufe) ist der Scientologe berechtigt sich dieses geheime Wissen anzueignen.
 
Über die Lehre, die sich anhört als entstamme sie einem von Hubbarts zahllosen Science- Fiktion- Romanen lässt sich zusammenfassend folgendes sagen:
 
Vor vielen Millionen Jahren regierte ein böser Prinz namens Xenu über die „Galaktische Förderation“. Er verbannte die Mitglieder verschiedener planetarer Völker auf die Erde und ließ sie mit Wasserstoffbomben pulverisieren. Übrig bleiben die „Thetanen“, gottgleiche Geistwesen mit grenzenlosem Wissen und unbegrenzter Schöpferkraft, die leider nicht vernichtet werden konnten. Xenu pflanzte daher den unsterblichen Thetanen den Glauben an die eigene Sterblichkeit und Ohnmacht ein. Außerdem wurden auch die Bilder zukünftiger Gesellschaften und Religionen in die thetanische Vorstellungswelt implantiert. Unter dem Druck dieser Manipulation vergaßen die Thetanen dass sie Götter waren. Sie inkarnierten zu menschlichen Wesen, also der menschlichen Rasse, und benehmen sich dementsprechend unvollkommen und schwach. Jeder von uns trägt also einen Thetanen in sich. den wir jedoch nicht wahrnehmen können, da wir durch außerirdisch eingepflanzte „Irrlehren“ uns selbst und die Welt falsch interpretieren. Damit das so bleibt ziehen die extraterrestrischen Unterdrücker den Thetan nach dem physischen Tod des einzelnen mit gigantischen Traktorstrahlen auf so genannte „Implant- Asteroiden“ wo alles erworbene Wissen gelöscht und neue Irrlehren eingepflanzt werden. Erst nach dieser Prozedur wird der Thetan wieder in einen neuen Körper geschickt.
 
Zum Glück gibt es aber Ron Hubbart, der diese galaktische Intrige durchschaut hat, und der weiß wie die falschen Einpflanzungen wieder gelöscht werden können. Nämlich mit viel Zeit und viel Geld für „Clearing“ und Ausbildung. Man muß „clear“ werden, das heißt das man sich von den programmierten „Enagrammen“ befreien muß. So wird der angehende „Operierierende Thetan“ frei von Krankheiten, Psychosen und anderen körperlichen Leiden und steigert nebenbei noch seinen IQ.
 
Wer es denn schafft „operierender Thetan“ zu werden, hat nicht nur den totalen Durchblick; er ist allwissend, allmächtig und kann auch sozusagen aus seiner Haut schlüpfen um zu „operieren“.
 
Nun gibt es in dieser heilen Scientology- Welt auch Gegner, so genannte „suppressive Persönlichkeiten“ („SP“), die das scientologische Projekt zerstören möchten und wahrscheinlich exterrestrisch ferngesteuert Scientology und (man staune) die ganze Welt vernichten wollen. In erster Linie sind hiermit natürlich ehemalige Scientologen und Scientology- Kritiker, aber auch ganz gewöhnliche Psychater und Psychologen gemeint. Letzteres ist wahrscheinlich auf Hubbarts persönliche Erfahrungen zurückzuführen, da jene wohl seine Lehre als „Quatsch“ abgetan hatten, was Hubbart zu dem Schluß kommen ließ, dies sei eine intergalaktische Verschwörung. Diese sogenannten „suppressiven Persönlichkeiten“ können, ja sollen daher mit Hubbarts Segen mit allen, auch mit illegalen Mitteln bekämpft werden.
 
Ziel eines jeden Scientologen ist es daher, möglichst selbst ein „Operierender Thetan“ zu werden. Diesem Ziel ordnet er alle anderen Interessen unter. Dazu gehört auch möglichst viele andere für Scientology zu begeistern was vor allem mit Hilfe der kostenlosen Persönlichkeitstests geschieht. Auch eine Art Drogenberatung wird von Scientology als Einstieg genutzt.
 
    b. Zeugen Jehovas:

 
Die Lehre der ZJ hat das besondere Merkmal daß sie sich im Laufe der Zeit ständig verändert hat. Es hat also keinen Sinn sich mit älterer Zeugen- Literatur ein genaues und umfassendes Bild machen zu wollen, da ständig „neues Licht“ bisher gültige Lehren ersetzt. Dies ist eine Fortführung Russel‘scher Traditionen, der auch mehrfach zu immer neuen Erkenntnissen kam und neue Daten für alles mögliche festsetzte.
 
Die Lehre der ZJ basiert auf dem Glauben an einen monotheistischen, allmächtigen, allwissenden. frauenfeindlichen, autokratischen Gott namens Jehova, der schon immer existiert hat und ewig existieren wird, und der allein über Gut und Böse sowie über Leben und Tod entscheidet. Da dieser Gott irgendwann nicht mehr allein sein wollte, erschuf er zuerst einen himmlischen „Sohn“, dann das Universum mit der Erde und verschiedene Sorten Engel. Danach erschuf er in sechs Schöpfungstagen a‘ 7000 Jahre das Licht, die Finsternis, die Saurier, die Pantoffeltierchen, die Hanfpflanze, den Knollenblätterpilz, das Stinktier, den Seeigel und alle anderen Pflanzen und Tiere. Als Krone der Schöpfung erschuf er dann den Menschen, zuerst den Mann, danach aus einer Rippe von ihm die Frau, die fortan dem Manne untertan zu sein hat. Danach begann unmittelbar der Ruhetag Gottes von ebenfalls siebentausend Jahren.
 
Ein Teil der Engel unter Führung eines gewissen Satan rebellierte gegen die göttliche Diktatur und wurde so zu Dämonen. Satan war es auch, der die ersten Menschen dazu verführte vom Baum der Erkenntnis zu naschen, womit die „Sünde“ erfunden wurde und die ersten Menschen mitsamt allen nachfolgenden Generationen „sündig wurden“ und nicht ewiglich im Paradies leben, sondern sterben mussten. Somit hatte jeder Mensch durch die „Erbsünde“ von Geburt an sein Leben verwirkt, egal ob er „gottgefällig“ lebte oder nicht.
 
Allerdings hatte Jehova, der diese Entwicklung komischerweise nicht vorausgesehen hatte, aber einen Ausweg parat. Er pflanzte auf ausdrücklich nichtsexuelle Weise seinen „himmlischen Sohn“ in den Leib einer sündigen Jungfrau ein; der aus dieser merkwürdigen Verbindung (wieder-)geborene Sohn, der den Namen Jesus erhielt, wurde dann wie von Jehova beabsichtigt und vorhergesehen von der römischen Besatzungsmacht auf brutalste Art und Weise ermordet. Dadurch war irgendwie der Sündenfall der ersten Menschen gebüßt und die braven Menschen hatten wieder die Hoffnung auf ewiges Leben auf Erden durch eine Auferstehung von den Toten in einem neuen „Paradies“, das Jehova erstellt, nicht bevor er durch ein „Harmageddon“ zuerst „das alte System“ und alle Nicht- Zeugen vernichtet. ZJ glauben mittlerweile daß 1914 die „Zeit des Endes“ begonnen hat, was heißen soll daß seitdem Satan die Erde beherrscht und daß 1975 sechstausend Jahre Menschheitsgeschichte abgelaufen sind, und somit der „Krieg von Harmageddon“, den nur ZJ „die ausgeharrt“ haben überleben werden, unmittelbar bevorsteht. Konkretere Zeitangaben macht man derzeit aber nicht mehr.
 
Eine kleine Elite von 144.000 „Mitregenten“, die hauptsächlich aus den „ersten Christen“ und den ZJ der Anfangsjahre bestehen, werden dann eintausend Jahre zusammen mit dem auferstandenen „Jesus Christus“ im Himmel „regieren“, bevor dann noch mal eine Generalabrechnung stattfindet, wobei sich dann entscheidet wer für immer auf der Erde leben darf und wer dann zusammen mit Satan, der noch bis dahin leben darf, vernichtet wird. Bis dahin werden sogenannte „Fürsten“, die irdischen Belange regeln und im himmlischen Auftrag regieren, womit die „Treuen der alten Zeit“ sowie die Funktionärsriege der ZJ gemeint sind.
 
Bis es allerdings so weit ist hat Jehova selbst einen „Kanal“ geschaffen, der als „Klasse des treuen und verständigen Sklaven“ ständig neue „geistige Speise zur rechten Zeit“ in Form von Zeitschriften und Büchern verlegt die weltweit „verkündet“ werden muß, und zwar von jedem einzelnen Zeugen, der monatlich über die aufgewendete Zeit, die verteilte Literatur usw. Rechenschaft abzugeben hat. Dieser „Sklave“ besteht aus einer schwankenden Anzahl meist greiser Funktionäre, die immer wieder mal neue Mitglieder „beruft“ und die wohl wirklich glauben sie wären von Jehova direkt in ihre Stellung eingesetzt. Dieses Gremium entscheidet mit Zweidrittelmehrheit über Änderungen in der vorherrschenden Lehre und über Personalien. Jeder ZJ hat an den „Sklaven“ und seine Entscheidungen so zu glauben, als kämen sie von Jehova selbst. Selbständigem Denken sind dadurch enge Grenzen gesteckt. Sie halten sich nach eigener Auskunft strikt an die Bibel, die nach ihrer Lehre unter anderem Rauchen, Bluttransfusionen, „Hurerei“ (schließt jegliche vor- und außereheliche sexuelle Betätigung ein) und Homosexualität verbietet.
 
Kritik an der aktuellen Lehre wird mit Rebellion gleichgesetzt und stammt von „Satan dem Teufel“, der alles daran setzt ZJ zum „Straucheln“ zu bringen, daher ist es strikt verboten sich mit „Abtrünnigen“ zu unterhalten oder deren Literatur zu lesen. Deshalb muß die Organisation „rein“ erhalten werden, was beinhaltet alle Regeln hinsichtlich Moral, Unterordnung usw. einzuhalten und regelmäßig alle fünf wöchentlichen „Zusammenkünfte“ zu besuchen. Von der „Welt“ hat sich der gewöhnliche ZJ fernzuhalten, was beinhaltet den gesellschaftlichen Kontakt mit „Weltmenschen“ auf das Nötigste zu beschränken, da diese doch bald von Jehova vernichtet werden, dafür soll er froh sein jetzt schon mit seinen Glaubensbrüdern und –schwestern im „geistigen Paradies“ leben zu dürfen. Deshalb wird auch in der Regel auf eine Hochschulausbildung keinen Wert gelegt, statt dessen sollen Jugendliche den „Pionierdienst“ ergreifen, der in der ZJ- Sprache eine halbprofessionelle unbezahlte Missionstätigkeit bedeutet.
 
    Fazit:

 
So unterschiedlich die Lehrinhalte beider Gemeinschaften sind, so abenteuerlich sind doch beide Geschichten gleichermaßen. Dennoch weisen sie viele Parallelen auf. Gemeinsam ist beiden, daß der Mensch nicht allein zum ewigen Glück und zur Errettung finden kann, sondern auf das Mitwirken höherer Mächte angewiesen ist. Ferner ist unbedingter Glaube und Gehorsam an die Funktionäre notwendig um dieses Ziel zu erreichen. Beide Gemeinschaften sehen sich als „Insel der Glücklichen“ in einer ansonsten ihnen feindlichen gesinnten Welt und fühlen sich ungerecht behandelt und verfolgt (manchmal allerdings zu Recht). Beide glauben sich im ultimativen Besitz der „Wahrheit“, was zu einer Art von Überheblichkeit „Unwissenden“ gegenüber führt.
 
Andererseits ist in beiden Gruppen die Religion das wesensbestimmende Merkmal schlechthin für die meisten ihrer Mitglieder, die dann alle weiteren persönlichen Interessen als zweitrangig betrachten. Das führt in beiden Gruppierungen dazu, daß soziale Kontakte fast nur noch unter ihresgleichen gepflegt werden, da „Ungläubige“ sie ja doch nicht verstehen würden und bestenfalls eine Gefahr für ihren „Glauben“ darstellen.
 
Unterschiede bestehen hauptsächlich in den Zielen der Gläubigkeit. Während Scientologen mehr auf ein jetziges Leben als „operierender Thetan“ hinarbeiten, hoffen ZJ auf ein „ewiges Leben“ in einem fiktiven „Irdischen Paradies“ das „bald“ kommt.
 
Benotung: Note 7 (überwiegende Übereinstimmung bei punktuellen Unterschieden)
 
 
    4. die Führungsstruktur und ihre Einflußnahme auf die Mitglieder
    a. Scientology:

 
Scientology ist streng hierarchisch strukturiert nach dem jeweiligen Grad den der einzelne Scientologe innehat. Der Werdegang eines Scientologen beginnt mit der Einladung zu einem Persönlichkeitstest, die manche aus purer Neugier, andere weil sie in einer Lebenskrise stecken, annehmen, und der so gestaltet ist, daß er absolut negativ ausfallen muss. Der beauftragte Testauswerter hat nun die Aufgabe der Person aufzuzeigen wodurch angeblich ihr Leben verpfuscht ist und daß nur Scientology sie vor dem Ruin retten kann.
 
Hat das Erfolg, so beginnt der Aspirant mit den „Kommunikationskurs- Trainingsroutinen“ (TR), die an Hypnose erinnern, den „Reinigungsprogrammen“ die vorwiegend aus Vitamintabletten und Saunagängen bestehen sowie dem „Hubbard Key To Life“-Kurs, der empfänglich für die Glaubensinhalte macht. Der Probant hat nun den Status eines „Preclear“ erreicht und macht nun monatelang zeitaufwendige „Auditings“ durch, bei denen er bedingunglos den Anweisungen seines „Auditors“ folgen muß.
 
Um sorgenfreier und IQ- optimierter „Clear“ zu werden muß er jedoch vorher noch eine Reihe von Fortgeschrittenen- Kursen belegen. Danach kann er die „OT“- Stufen durchlaufen bis er als OT3 endlich zu einem gottgleichen „operierenden Thetan“ mutiert. Es gibt dann nach dem OT3 noch weitere Stufen bis zum OT6, die aber erst sehr wenige Personen, die dem innersten Führungskreis angehören, durchlaufen haben und über die nicht so sehr viel nach außen dringt.
 
Um Kritiker und unliebsame Personen möglichst schnell ausfiltern zu können, führte Hubbard 1959 so genannte „Sicherheitsüberprüfungen“ ein. Mit Hilfe eines Lügendetektors (E- Meter) werden Scientologen stundenlangen Verhören unterzogen in denen sie etwaige moralische Fehltritte beichten müssen. Dieses „Ethik-Verfahren“ nebst wurde im Laufe der Zeit immer ausgefeilter. Leitende Scientologen, die sich nicht spurtreu verhalten werden der sogenannten „Rehabilitation Projekt Force“ (RPF) zugeteilt. Dort wird erwartet, dass sie sich von Tischabfällen ernähren und sofort jeden Befehl fraglos befolgen. Sie verrichten harte körperliche Arbeit und verbringen Stunden mit Beichten. Erst dann wenn sie die Autorität ihrer Vorgesetzten wieder vollständig akzeptieren, wird ihnen erlaubt, das RPF zu verlassen.
 
    b: Zeugen Jehovas:

 
Die „Botschaft“ der ZJ spricht zumeist Menschen an, die entweder private Probleme haben, spirituell entwurzelt sind oder ein große Enttäuschung erlebt haben. Diesen bieten ZJ Hilfe an indem sie ihm sagen daß die Bibel eine Lösung für alle ihre Probleme hat. Danach wird er mit Hausbesuchen beglückt um ihm die Notwendigkeit eines „Heimbibelstudiums“ vor Augen zu führen. Geht der „Interessierte“ darauf ein, so wird mit ihm wöchentlich und kostenlos ein oder mehrere Bücher der Wachtturm- Literatur „studiert“, was aber kein kritische Studium beinhaltet, sondern nur die Lesung einzelner Textpassagen mit anschließender Wiederholung mittels vorgedruckter „Studienfragen“ und gelegentlicher Lesung angegebener einzelner Bibelverse aus der Bibel (vorzugsweise aus der ZJ- eigenen „Neue- Welt- Übersetzung). Mit fortschreitendem „Studium“ wird er aufgefordert die „Zusammenkünfte“ zu besuchen, wo er mit weiterem Love- bombing überschüttet wird bis er den Wunsch verspürt selbst in diese Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Daher wird er weitere „Fortschritte“ machen, z.B. das Rauchen aufgeben, sich am „Predigtdienst“ beteiligen, an der wöchentlich stattfindenden „theokratischen Schule“ teilnehmen, bei der er lernt kurze Bibellesungen und Referate über die ZJ- Lehre öffentlich vorzutragen. Danach wird er sich auf einem der periodisch stattfindenden Kreis- oder Bezirkskongresse taufen lassen, nicht ohne vorher von den Ältesten der „Versammlung“ auf seine Kenntnisse der ZJ- Lehre und seine Bereitschaft zur Unterwürfigkeit unter die „theokratischen“ Normen geprüft worden zu sein.
 
Sollte der frischgebackene ZJ männlichen Geschlecht sein, so kann er, so seine Begabung es zulässt, er ausreichend Zeit investiert und er sich gute Beziehungen verschafft, innerhalb der „Organisation“ Karriere machen. Die erste Stufe ist die „Ernennung“ zum „Dienstamtgehilfen“. Das „Vorrecht“ besteht darin Hilfsdienste als Saalordner oder ähnliches zu verrichten. Wenn man das eine gewisse Zeit durchgehalten hat und dabei immer wieder betont wie man sich freut Jehova auf diese Weise zu dienen, zudem sich mehrere „Älteste“ und den „Kreisaufseher“ zu Freunden gemacht hat, so stehen die Chancen nicht schlecht selbst zum „Ältesten“ ernannt zu werden. Dann kann man sich beruhigt zurücklehnen, denn hier ist für normale ZJ die Karriereleiter erklommen. Man nimmt an „Rechtskomitees“ teil, die Sanktionen bis hin zum Ausschluß mißliebiger Mitglieder verhängen, man darf ferner „Vorträge“ halten, Zusammenkünfte leiten, geheime Bücher lesen, besondere Schulungen besuchen und den Respekt der übrigen Mitglieder entgegennehmen. Alle Funktionäre, die den Ältesten übergeordnet sind, können dies nur durch systematische Karriereplanung von frühester Jugend an erreichen, z.B. indem sie sich als „Vollzeitdiener“ verpflichten und den „Betheldienst“ (Vollzeittätigkeit in den Zweigbüros der Gesellschaft gegen Kost und Logis) anstreben. In der Folge können sie dann Kreisaufseher, Bezirksaufseher oder ggf. Bethelältester werden.
Gibt es Anzeichen dafür daß ein Mitglied gegen die moralischen Normen der Wachtturm- Gesellschaft verstoßen hat oder Zweifel an der Lehre äußert, so ist jedes Mitglied verpflichtet, dies den „Ältesten“ anzuzeigen, die dann darüber befinden wie mit dem Betroffenen verfahren wird. Die Sanktionen reichen von einer „öffentlichen Zurechtweisung“ bis zum „Gemeinschaftsentzug“. „Wiederaufnahme“ ist nur bei „Reue“ möglich, egal ob der Ausschluß zu Recht erfolgte oder nicht.
 
    Fazit:

 
Sowohl Zeugen Jehovas als auch Scientology verfügen über strenge hierarchische Führungsstrukturen, die zu sehr starken sozialen Kontrollmechanismen den Mitgliedern gegenüber führen. Abweichungen werden bei beiden rigoros geahndet, wobei sich in diesem Punkt bei beiden Organisationen die Frage nach der Vereinbarkeit mit Grundgesetzen und Menschenrechten erhebt. Auch der Umgang mit ehemaligen Mitgliedern wirft diesbezüglich Fragen auf. Andererseits bieten beide Organisationen ihren Mitgliedern die Gewißheit zu einer elitären Gemeinschaft zu gehören.
 
Im Gegensatz zu den ZJ, die das antike christliche Verständnis von der Unterordnung der Frau praktizieren, sind allerdings bei den Scientologen die Geschlechter theoretisch gleichgestellt. So können auch weibliche Scientologen „OT’s“ werden, während ZJ – Frauen für sich alleine keinerlei Aufstiegschancen haben.
 
Dafür ist die Mitgliedschaft bei den ZJ insgesamt auf den ersten Blick kostengünstiger, da die „Ältesten“ ehrenamtliche Laienprediger sind, und im Gegensatz zu Scientology außer Spenden (die niemand kontrolliert und daher freiwillig sind) und dem individuellen persönlichen Aufwand keine finanziellen Lasten auf den einzelnen zukommen.
 
Benotung: Note 7 (überwiegende Übereinstimmung bei punktuellen Unterschieden)
 
 
    5. das Verhältnis zu Gesellschaft und Staat
    a. Scientology

 
Es ist nicht bekannt, daß Scientologen hierzulande die Konfrontation mit Staat und Gesellschaft suchen würden. Andererseits werden sie wie schon erwähnt von den meisten Landes- Verfassungsschutzämtern beobachtet und gelten als „destruktive Sekte“, der von gewissen „Sektenbeauftragten“ die Bezeichnung als Religion oder Glaubensgemeinschaft streitig gemacht wird.
 
Scientologen verhalten sich mehrheitlich staatstragend, beteiligen sich in Vereinen, Verbänden und sofern sie zugelassen werden auch in politischen Parteien. Sie unterstützen keinerlei religiösen oder politischen Extremismus.
 
Der häufig geäußerte Vorwurf Scientologen würden die „Wirtschaft und Politik unterwandern“ und die „Weltherrschaft“ anstreben ist angesichts der geringen Mitgliederzahlen absurd. Auch das gelegentlich vorgebrachte Argument, die Gefährlichkeit von Scientology bestehe darin, dass es nicht aus religiösen, sondern aus wirtschaftlichen Interessen heraus agiere, ist lächerlich. Kein Chef auf der ganzen Welt kann seine Mitarbeiter zu Selbstmordattentaten im Firmeninteresse motivieren, im Gegensatz zu religiös motivierter Gewalt und Terror, wie die jüngsten Attentate zeigen.
 
Allerdings machen hierzulande viele Scientologen ihre Mitgliedschaft nicht öffentlich, im Gegensatz z.B. in den USA. Diese Verhaltensweisen sind aber verständlich, bedenkt man, daß die Hysterie um Scientology schon dazu geführt hat, daß viele Firmen ihren aktuellen und künftigen Mitarbeitern schriftliche Bestätigungen abverlangen, nichts mit Scientology zu tun zu haben. Diese Erklärungen sind im Hinblick auf die verfassungsmäßig garantierte Religionsfreiheit zumindest äußerst problematisch.
 
    b:Zeugen Jehovas
 
 
Bei den ZJ gestaltet sich das Verhältnis zu Staat und Gesellschaft schon problematischer. Zwar sind ZJ weltweit als friedliebende und ehrliche Staatsbürger bekannt. Da ZJ sich aber als „Bürger des Königreiches Gottes“ betrachten und „kein Teil dieser Welt“ sind, betrachten sie politisches Engagement in Verbänden, Gewerkschaften und Parteien als unangebracht, da sie damit „ihre Neutralität verletzen“ würden. Sie beteiligen sich daher im allgemeinen nicht an politischen Wahlen, betätigen sich nur äußerst selten in Vereinen, karitativen Verbänden und Bürgerinitiativen. Sie verweigern kollektiv den Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen (bis vor ein paar Jahren lehnten sie auch den Ersatzdienst ab), dem aber nicht eine individuelle Gewissensentscheidung zugrunde liegt, sondern die allgemein verbindliche ZJ- Lehre, die bei Nichtbeachtung zum Ausschluß führt.
 
Diese kompromißlose Haltung der ZJ hat in der Vergangenheit zu ernsthaften staatlicherseits betriebenen Verfolgungen, vor allem in Nazi- Deutschland, in den vormals kommunistischen Ländern, in der kanadischen Provinz Quebeck, in einigen afrikanischen Ländern, in vormals totalitären Staaten wie Spanien, Griechenland und Portugal und in anderen Ländern geführt. Viele ZJ brachten viele Jahre im Gefängnis oder in Straflagern zu und Tausende mußten ihr Leben für ihre Überzeugung lassen. Die Verfolgungen seitens Vertreter der vorherrschenden Staatsreligionen gewisser Länder taten ihr übriges.
 
Auch das angeblich „göttliche Gebot, Gott mehr zu gehorchen als den Menschen“ führt zuweilen zu ernsten gesellschaftlichen Konflikten. Ärzte, Rechtsanwälte und deren Mitarbeiter, die ZJ sind, sind gehalten ihre Schweigepflicht zu brechen um die örtlichen „Ältesten“ zu informieren, wenn sie von Dingen Kenntnis erlangen die zu kirchenrechtlichen Sanktionen, das heißt „Gemeinschaftsentzügen“ führen könnten.
 
Andererseits berufen sich „Älteste“ auf das „Beichtgeheimnis“ wenn sie von Straftaten erfahren, die nicht von mindestens zwei Zeugen bestätigt werden können (was z.B. bei Kindesmißbrauch so gut wie nie vorkommt) und sie deshalb nicht zur Anzeige bringen, ja den Betroffenen sogar von Strafanzeigen abraten, um das Bild der heilen Welt nicht zu gefährden. Obwohl es sich nur um Einzelfälle handelt wurden Betroffene, die sich trotzdem an die Strafverfolgungsbehörden wandten deshalb „ausgeschlossen“ mit dem Grund, sie hätten der Organisation „Schaden zugefügt“.
 
    Fazit:

 
Im Verhältnis zu Gesellschaft und Staat lassen sich erhebliche Unterschiede erkennen. Während die Scientologen aus irrationalen Gründen als gefährlich eingestuft werden gilt dies nicht für die Wachtturm- Gesellschaft, die nur gelegentlich von „Sektenbeauftragten“ konkurrierender Religionen als „destruktiv“ bezeichnet wird. Verweigerer wie die ZJ sind aber für ein Staatswesen schädlich, da sie zwar normalerweise die staatlichen Gesetze befolgen, sich aber nicht im demokratischen Sinn legislativ betätigen und so theoretisch politischen Extremisten Vorschub leisten. Wie sollte ein Staatwesen funktionieren, wenn sich die Mehrheit so verhalten würde wie ZJ das praktizieren?
 
Allerdings ist die Anzahl der Mitglieder so gering, daß daraus dem Staat und der Gesellschaft kein Schaden entsteht und es ist auch nicht anzunehmen daß sich das in Zukunft ändern wird.
 
Benotung: Note 2 (erhebliche Unterschiede)
 
 
    Zusammenfassung:

 
Erstaunlicherweise sind beim Vergleich zweier auf den ersten Blick so unterschiedlicher Gemeinschaften sehr viele Gemeinsamkeiten festzustellen. Ich schließe daraus, daß wir auch zwei x- beliebig andere Gruppen aussuchen hätten können und trotzdem ein hohes Maß an Gemeinsamkeiten feststellen würden.
 
Während in Bezug auf die ersten 4 Punkte (Gründung, Entwicklung, Lehre und Struktur) viele Übereinstimmungen festzustellen sind, so ist das im Fall des Verhältnisses zu Gesellschaft und Staat nicht so. Hier bestehen die verhältnismäßig größten Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Gruppierungen. Der Vergleich fällt also im Gesamtergebnis keinesfalls zu Ungunsten der Scientologen aus.
 
Was die Verfassungstreue beider Glaubensgemeinschaften betrifft, so bleiben hier einige wesentliche Fragen offen, die noch geklärt werden müssen.
 
Welche Schlußfolgerungen ziehen wir daraus? Dazu stelle ich auch im Hinblick auf die gesamte Sektenproblematik folgende Thesen auf:
 
    1. der Staat hat die Verpflichtung alle Religionsgemeinschaften unabhängig von ihrer Größe gleich zu behandeln und anzuerkennen, insofern sie sich verfassungskonform verhalten. Nur das hat der Staat zu prüfen

    2. der fragwürdige Status der „Körperschaft öffentlichen Rechts“ ist generell abzuschaffen, da Religion Privatsache ist und der Staat gehalten ist sich neutral zu verhalten.

    3. „Sektenberatung“ gehört nicht in die Hände konkurrierender Religionen und Gemeinschaften, sondern es ist Aufgabe des Staates wertfrei Aufklärung über Religionen in Schulen anzubieten.

    4. steuerfinanzierte Zuwendungen an Glaubensgemeinschaften müssen beendet werden, da sie nicht allen Bürgern zugute kommen.

    5. die Verfassungsgerichte müssen periodisch überprüfen, inwieweit sich die einzelnen Glaubensgemeinschaften an Menschenrecht und Verfassung halten. Dazu bedarf es nicht nur der Überprüfung der offiziellen Glaubensinhalte, sondern auch die tatsächliche Praxis muß gewürdigt werden.


    Auf diese Weise wird sichergestellt, daß sich alle Bürger des Landes, ob sie nun religiös sind oder nicht, in ihrer Freiheit entfalten können. Eine sogenannte Sektenproblematik wird es dann in der offenen Gesellschaft in der bisherigen Form nicht mehr geben. (pt.2002)



    Quellenangaben:
    a. zu Scientology:

    Scientology Church: Ursprung, geistliches Amt, Zeremonien und Predigten. Schmidt- Salomon, Dr. Michael, Trier: Scientology und Opus Dei: ein Vergleich Atack, Jon:: A Piece of Blue Sky.
    Herrmann (Hrsg.), Mission mit allen Mitteln - Der Scientology- Konzern auf Seelenfang
    Valentin / Knaup (Hrsg.) Scientology - Der Griff nach Macht und Geld.

    b. zu Zeugen Jehovas:

    Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas: Watchtower Library deutsch CD- Rom
    Wachtturm- Bibel und Traktat- Gesellschaft: Jehovas Zeugen in göttlichem Vorhaben
    Gebhard, Manfred: Geschichte der Zeugen Jehovas
    Steinhaug, Kent: watchtower observer.org web.sites
    Wolf, Stefan E.: xZJ infolink Dokumentation web-sites
Ad-Link: DVD ausleihen

zurück
zurück zu Über die JahreskreisfesteHomebearbeitenE-Mailvor zu Religionskritisches