Politik & Gesellschaft

Inhalt:

„Gelehrte“, die die Welt nicht braucht

Was so alles gefordert wird


Die "Zehn Gebote": Grundlage einer zeitgemässen Ethik?

Wenn der Dialog zur Sprachlosigkeit mutiert....

„...damit Frieden einkehre im Land“
 
Der Anarchist und die Gemeinschaft
 
Über das Wesen der Freiheit




 





Gelehrte“, die die Welt nicht braucht


In der türkischen Metropole Istanbul wurden zahlreiche Gelehrte, Denker und Autoren zu zwei wichtigen Konferenzen empfangen.“. So berichtet die Internet- Seite von Millis Görüs, einer vom Verfassungsschutz beobachteten islamistischen Organisation.(1)

Im EU- Anwärterland Türkei fand also in Istanbul am 1. und 2. Juli 2006 eine Konferenz unter dem vielversprechenden Motto „Europas Muslime- Herausforderungen und Chancen“ statt. An den Veranstaltungen nahmen, neben über 150 muslimischen Vertretern verschiedener Länder, auch aus Deutschland Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Islamrat, Ridvan Cakir, Vorsitzender der DITIB und der Vorsitzende des ZMD, Ayyup Köhler, teil.

Nun könnte man naiverweise annehmen, auf dieser Konferenz würden Konzepte erarbeitet werden, wie die Integration von Muslimen in die plurale Gesellschaft vorangetrieben werden könnte und wie Parallelgesellschaften entgegengewirkt werden könnte. Nichts dergleichen.

Im Gegenteil: Es wurde eine sogenannte „Topkapi Deklaration“ verabschiedet, die sich bei näherem Hinsehen als grosser Bluff erweist und mit folgenden Beschlüssen an die Öffentlichkeit tritt:

Im Hinblick auf Geschichte und Kultur hat der Islam in Europa eine verwurzelte und reiche Vergangenheit. Der Islam beeinflusste angesichts der Konfrontation mit der europäischen Gesellschaft den intellektuellen Werdegang Europas ganz besonders.

Das ist den Herren wohl das wichtigste Ergebnis der Konferenz, es steht immerhin an erster Stelle! Im Rückgriff auf historische kriegerische und räuberische Eroberungen in Spanien und auf dem Balkan wird uns hier weisgemacht, unsere Kultur hätte auch islamische Wurzeln. Die These, dass es ausgerechnet die Konfontation (Türken vor Wien?) mit dem Islam gewesen sei, die den „intellektuellen Werdegang Europas“ ausgemacht hätte, ist Humbug. Kriegszeiten waren nie dafür bekannt, dass sie geistige Ressourcen freisetzten, sondern militärische. Kriege brachten keine intellektuellen Veränderungen mit sich, sondern politische. Und die Nachwirkungen der Türkenkriege beschränkte sich im Wesentlichen auf die neueröffneten Kaffeehäuser.

Zu den gesellschaftlich-demokratischen Grundordnungen gehört auch die Religionsfreiheit.

Orwellsches Doppelsprech! Religionsfreiheit ist im Islam lediglich die Möglichkeit für Nichtmuslime den Islam anzunehmen. Der Austritt aus dem Islam, die Möglichkeit zu anderen Religionen zu wechseln oder gar keiner Religion anzugehören sind im Islam nicht erlaubt. Apostaten droht die Todesstrafe. Eine Religionsfreiheit im Sinne der allgemeinen Menschenrechte ist jedenfalls im Islam damit nicht gemeint.(2)

Auch Muslime in Europa, die sich ihrer Verantwortung und Rechte bewusst sind und gesellschaftliches Engagement zeigen, haben genau wie die anderen europäischen Bürger das Recht, zu kritisieren und zu protestieren. 

Richtig! Das beinhaltet aber auch das Recht, den Islam zu kritisieren und Strichmännchen zu zeichnen, die „religiöse Gefühle“ verletzen können. Demokratisch legitime Proteste auf muslimischer Seite gibt’s aber erfahrungsgemäss nur, wenn es gegen Israel und die USA geht, oder allenfalls ums Kopftuch.

Leider stellen wir fest, dass Muslime in Europa vielen Schwierigkeiten begegnen, da gewisse Europäer ihre Anwesenheit nicht tolerieren oder den Lebensraum der Menschen, die einen anderen kulturellen Hintergrund, einen anderen Glauben oder eine andere Hautfarbe haben, einschränken.

Nun ist mir kein einziger Fall bekannt, dass ein Staatsbürger der EU seiner Freizügigkeit beraubt wurde, nur weil er Muslim ist, oder dass irgendein Land der EU die Anwesenheit ihrer muslimischen Staatsbürger nicht toleriert. Könnten die Herren in Istanbul da vielleicht ein paar Beispiele nennen?

Oder ist damit etwa gemeint, dass der unkontrollierten Zuwanderung von muslimischen Migranten nicht mehr tatenlos zugesehen wird? Oder ist mit „Einschränken des Lebensraums“ vielleicht gemeint, dass nicht mehr alle europäischen Länder es zulassen, dass die Drahtzieher von Terroranschlägen im Namen des Islam sich unbehindert betätigen können?

Andererseits, sind nicht gerade viele der einhundertfünfzig Konferenzteilnehmer selbst Repräsentanten von Ländern, in denen der Lebensraum von Menschen anderer Hautfarbe, anderem kulturellen Hintergrund und anderer Weltanschauung massiv eingeschränkt wird (z.B. Saudi-Arabien, Türkei)?

Dies ist eine Angelegenheit, die uns alle angehen sollte. Wir missbilligen jede Art von Diskriminierung und Islamophobie.

Interessant! Es ist also Aufgabe aller, des Irans, Afghanistans, Saudi-Arabiens und der Türkei, darüber zu befinden was in Europa diskriminierend und „islamophob“ sei. Diskriminierung in islamischen Ländern steht ja nicht auf dem Prüfstand.

Muslime als Gefahrenpotenzial anzusehen oder sie als Bürger zweiter Klasse in Betracht zu ziehen, schadet nur dem Weltfrieden.

Also nicht der schariatische Herrschaftsanspruch des Islam über die Nichtmuslime, der Jihad als bewaffneter Kampf gegen die „Ungläubigen“ oder islamische Terrorakte gefährden den Weltfrieden, sondern gerade diejenigen, die auf die Gefahren islamofaschistischer Ideologie aufmerksam machen! Muslime haben also Bürger erster Klasse zu sein, die anderen haben sich gefälligst mit dem Dhimmi-Status abzufinden oder sollen sich in Rauch auflösen. Ist es das, was gemeint ist?

Muslime, insbesondere muslimische Jugendliche, würden der sozialen Struktur viel Potenzial verleihen und diese sollten daher als solche angesehen und eingesetzt werden.

Welches Potential muslimische Jugendliche der Gesellschaft verleihen, kann man sehr deutlich am Bildungsstand selbiger und an den Kriminalitätsstatistiken ablesen. Wenn, wie in Schweden, die Kriminalitätsquote minderjähriger Migranten sechsmal so hoch ist, wie bei Nichtmigrantenkinder (3), für was kann dieses Potential denn sinnvollerweise eingesetzt werden?

So appellieren wir an die europäischen Regierungen, den gesellschaftlichen Dialog weiter auszubauen.

Totalitäres Denkmuster! Die Regierung bestimmt zwar die Politik, kontrolliert aber weder die Gesellschaft, noch einen, wie auch immer gearteten Dialog. Die Gesellschaft dagegen wählt die Regierung, die sie will oder die sie verdient. Wann begreifen das die Muslime endlich? Und ob die Gesellschaft den Dialog mit den Muslimen überhaupt führen will oder nicht, ist nicht Sache der Regierungen. Dialogverordnung von oben funktioniert nicht, wie die Praxis deutlich zeigt.

Wir haben bereits anti-rassistische und anti-diskriminierende Vorstöße einiger europäischer Länder mit viel Lob und Zustimmung einvernommen. Hier zeigt sich auch der wichtige Stellenwert der Medien, die verantwortungsbewusst aufrechte Mediendarstellungen darbieten sollten.

Medien sind unabhängig und nicht „aufrechte“ Staatspropagandainstrumente. Verantwortungsbewusste Medien haben nämlich die Aufgabe, auch Unangehmens zu veröffentlichen und kritisch zu berichten, auch über den Islam. Dass auch einige europäische Politiker einer kritischen Presse am liebsten den Maulkorb verpassen würden, ist sehr bedauerlich.

Der Islam votiert niemals für terroristische Akte, worunter das unschuldige zivile Volk leiden muss. Wir verurteilen Menschen, die im Namen des Islams zulasten unschuldiger, armer und mittelloser Menschen Gewalt verbreiten.

Erneut Doppelsprech! „Ungläubige“ sind im Islam allesamt vor „Allah“ schuldig und nicht unschuldig. Sie sind schuldig, da sie ja die „einzige wahre Religion“ nicht annehmen. Die Verurteilung von Gewalt gegen „Unschuldige“ ist somit reichlich unglaubwürdig. Und wenn Gewalt gegen arme Menschen zu verurteilen ist, wie steht es dann um die Reichen und um den bürgerlichen Mittelstand? Sind die zum Abschuss freigegeben?

Damit die Ungerechtigkeiten, denen Muslime überall auf der Welt unterliegen und dadurch Hoffnungslosigkeit verspüren und die Zustände, wie sie in Palästina vorherrschen bald ein Ende haben, rufen wir die Weltbevölkerung dazu auf, diesen Geschehnissen noch intensiver entgegenzuwirken.

Wie denn bitte „intensiv entgegenwirken“? Sollen die Juden in Israel (diesmal durch die „Weltbevölkerung“) dann also gleich wieder vergast oder doch nur ins Meer geschoben werden? Und diejenigen, die das Existenzrecht Israels bejahen, gleich mit? Und wo auf der Welt leiden Muslime denn mehr unter Ungerechtigkeiten, in islamischen oder in westlichen Ländern?

Wir intentionieren, die Botschaften des Islams jedem zu vermitteln und gegen alle Fehl-Annahmen eine gemeinsame Front zu bilden, um diese zu beseitigen.

Und wer bestimmt, was eine Fehlannahme ist? Sollen alle Islamkritiker und alle islamkritische Foren also „beseitigt“ werden? Statt dessen soll dann der Islam „jedem“ vermittelt werden! Der Islam (es gibt nur einen Islam!) mit allen seinen Köstlichkeiten wie Todesstrafe für Apostasie, Entrechtung der Frauen, Schleierzwang, Muezzingeplärre, Alkoholverbot, Handabhacken und Steinigen ist also nur ein Vermittlungsproblem?

Bei der Konferenz der Internationalen Vereinigung Muslimischer Gelehrter kamen die Anwesenden mit Bedauern zu dem Schluss, dass der Hauptgrund für den Rückstand der muslimischen Länder, das defizitäre Verständnis des Islams und damit die falsche Auslebung sei.

Ein Kommentar erübrigt sich. Das ist Realsatire pur. Es ist also nicht der Islam verantwortlich für die dem Islam innewohnende Rückständigkeit, sondern nur die falsche Auslebung desselben. Noch Fragen, Kienzle?

Damit wir nicht zurückbleiben, müssen wir als Gelehrte vorangehen“, betonten die Gelehrten.

Nein, das eben gerade nicht! Damit die hier eingewanderten Muslime nicht zurückbleiben, ist es unbedingt notwendig, dass die Imame und die „Gelehrten“ sich in ihre Moscheehinterzimmer verziehen, um es den Menschen so zu ermöglichen, ein freies und unabhängiges Leben innerhalb dieser Gesellschaft zu führen, das nicht von den archaischen Regeln eines räuberischen und unsittlichen Religionsstifters bestimmt wird.

Auf solche „Gelehrte“ kann die Welt verzichten.

(pt2006)



(1) http://www.igmg.de/index.php?module=ContentExpress&func=display&ceid=2476&itmid=1

(2) http://de.wikipedia.org/wiki/Glaubensfreiheit

(3) http://fjordman.blogspot.com/2005/08/rape-charges-are-rapidly-increasing-in.html

 



Was so alles gefordert wird



Der größte muslimische Interessenverband Schwedens, „Sveriges Muslimska Förbund“, fordert Regierung und Opposition auf, besondere Gesetze für im Lande lebende Moslems einzuführen. Unter anderem fordert er, dass Scheidungen zwischen Moslems urch einen Imam abgenickt werden sollen, bevor sie rechtskräftig werdend.(1) Diese Meldung wurde unlängst über die europäische Tagespresse lanciert und führte nicht nur in Schweden zu scharfen Protesten. Nun könnte man meinen, den Islam- Funktionären laufen reihenweise die Ehefrauen davon und dieselben wehren sich nun. Möglicherweise. Die wahren Gründe sind aber vielschichtiger.

Die gesellschaftlichen Spielregeln sind einem dynamischen Wandel unterworfen. Das ist einer der wesentlichen Merkmale der Ethik in einer pluralen Gesellschaft. Während eine fremdbestimmte und auf alten Büchern und „göttlichen Gesetzen“ beruhenden statische „Moral“ sich neuen Herausforderungen nur durch Rückgriff auf Bibeltexte und Koransuren zu helfen weiss, ist Ethik eine dynamische Fortschreibung der freiwilligen und selbstbestimmten gesellschaftlichen Regeln der gesamten Gemeinschaft. Gruppen, die sich dem verweigern, begeben sich in die freiwillige Isolation. Ein extremes Beispiel hierfür sind die Amish in den USA. Die oftmals beklagte Selbstghettoisierung islamischer Migranten in Europa hat die selben Ursachen.

Aus christlichen und muslimischen Kreisen hört man unisono dazu, dass die tradierten Moralvorstellungen ja durchaus das „implizite Wissen“ beinhalten, das zur Grundlage einer gerechten Gesellschaft tauge, und dass nur sie selbst dafür sorgen könnten, dass dieses Wissen an kommende Generationen weitergegeben wird. Ansonsten würde ja, so sagen sie, die Welt „aus den Fugen geraten“.

Der Philosoph Dr. Michael Schmidt- Salomon schreibt in einem Nachwort zur Neuauflage des „Manifest des evolutionären Humanismus“ hierzu wie folgt: „Es ist doch gar nicht zu bestreiten, dass die Religionen Sachwalter eines „impliziten Wissens“ sind, welches sich die Menschheit im Verlauf ihrer kulturellen Evolution durch Versuch und Irrtum erworben hat. Allerdings stellen die Religionen als Religionen keineswegs die bestmöglichen Sachwalter eines solchen impliziten Wissens dar. Warum? Weil sie aufgrund ihrer Ansprüche auf überhistorisch gültige, aus vermeintlich „höheren Quellen“ stammende Erkenntnisse das auch in Zukunft immer wieder notwendige Lernen über Versuch und Irrtum (d. h. die kritisch-rationale Methode) untergraben. Wie gesagt: Dass sich bestimmte Personen oder Personengruppen durch das Aufstellen ‘heiliger’ (d. h. unantastbarer) Spielregeln jeglichem kritischen Zugriff entziehen und dadurch eigene Denkfehler als verbindlich in die Zukunft fortschreiben, kann und darf in einer modernen Gesellschaft keine akzeptable Praxis mehr sein!


Wie also umgehen mit religiösen oder pseudoreligiösen Forderungen gesellschaftlicher Gruppen in einer offenen und pluralen Gesellschaft wie der hiesigen? Es ist ja nicht grundsätzlich ausgeschlossen, ja sogar eher wahrscheinlich, dass die gesellschaftlichen Spielregeln, auch was das Scheidungsrecht und den Ehebegriff betreffen, in fünfzig oder hundert Jahren anders aussehen als im Hier und Jetzt. Nur wird die Ethik sich weiterentwickeln und eben nicht rückwärtsentwickeln in archaische Verhaltenmuster, die längst überwunden sind. Selbstbestimmung, persönliche Freiheit und Gleichberechtigung sind mittlerweile so tief in der Gesellschaft verankert, dass sogar manche Kirchgänger der Meinung sind, sie entstammten originär dem Christentum, als seien sie nicht gegen den erbitterten Widerstand der Kirchen mühsam erkämpft worden. Es wird also auch in Zukunft kein religions- oder geschlechterspezifisches Scheidungsrecht mehr geben. Und falls irgendwann mal die Polygamie zugelassen werden sollte, dann nur bei gleichzeitiger Legalisierung aller polyamorösen Beziehungen zwischen Erwachsenen, also z.B. Poliandrie und Gruppenehen.

Eine dynamische Ethik baut auf die Eigenverantwortlichkeit des Menschen und somit auf ein Mehr, nicht auf ein Weniger an Freiheit. Und wer immer noch meint, eine Ethik ohne religiöse Basis tauge nicht zum friedlichen Zusammenleben aller, dem sei gesagt, dass es keine wirkliche Alternative in einer freiheitlichen Gesellschaft dazu gibt. Nur totalitäre Strukturen könnten zeitweise den Fortschritt bremsen, nie aber auf Dauer, wie schon die Geschichte zeigt. Erst wenn sich diese Erkenntnis durchsetzt, wird auch Religionskritik überflüssig sein. So schreibt der schon oben zitierte Dr. Schmidt- Salomon weiter:


Sollten dereinst der Talmud, die Bibel, der Koran etc. mit der gleichen kritischen Distanz gelesen werden, in der sich rational denkende Menschen anderen historischen Mythensammlungen oder auch den Werken Kants, Schopenhauers, Nietzsches, Darwins oder Freuds nähern, wäre es nicht mehr notwendig, die empirischen Irrtümer, logischen Widersprüche und ethischen Verfehlungen der religiösen Quellentexte in besonderer Weise herauszustellen. Solange es jedoch dabei bleibt, dass Moses, Jesus, Mohammed & Co. ein anderer Status zugebilligt wird als beispielsweise weltlichen Philosophen, muss diese Asymmetrie in der kritischen Auseinandersetzung Berücksichtigung finden.“


Sollte aber eine freie Gesellschaft sich den Luxus erlauben, Partikularforderungen gewisser religiös motivierter Gruppen nachzugeben, so werden die Probleme damit nicht gelöst, sondern vergrössert. Wer meint, die Forderungen nach Hijab und Verschleierung, islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, einer schariakompatiblen Zivilgesetzgebung und dem Verbot von Strichmännchen, würde bei der eigenen Anhängerschaft halt machen, irrt sich gewaltig. Der Islam ist nach seinem Selbstverständnis nicht nur eine Religion, sondern vor allem eine Gesellschaftsordnung, die das Leben aller Bürger in seinem Sinne regelt. In zunehmend mehr islamischen Staaten müssen alle Frauen das Kopftuch oder den Schleier tragen, selbst in der nominell laizistischen Türkei müssen auch christliche und atheistische Kinder am islamischen Religionsunterricht teilnehmen.


Wenn wir das hier bei uns nicht haben wollen, sollten wir auch aktiv dafür Sorge tragen, dass in einer zeitgemässen Ethik die „Moral“ einfach keinen Platz mehr einnehmen darf. (pt.2006)


(1) http://www.rp-online.de/public/article/nachrichten/politik/ausland/33260

(2) http://www.leitkultur-humanismus.de/nachwort2auflage.pdf

Die „Zehn Gebote“: Grundlage einer zeitgemässen Ethik?
  
„Die Zehn Gebote Gottes weisen uns den Weg in eine friedliche Welt. Sie sind nicht antiquiert, sondern heute aktueller denn je. Für alle, die die Zehn Gebote zur Richtschnur ihres Lebens machen, führen sie zu Glück, Freiheit und Erfolg!“ (1)
 
So steht es auf einer christlichen Webseite. Beim Jahresempfang der Christliche Polizeivereinigung (CPV) am 1. März 2006 in Nürnberg sprach der bayrische Innenminister Beckstein davon, dass die „Zehn Gebote“ „Kernbestand der demokratischen Rechtsordnung“ seien. Christen aller Coleur, selbst diejenigen, die ansonsten kaum etwas mit Kirche und Gottglauben am Hut haben, stimmen darin überein, dass die „Zehn Gebote“ eine, wenn nicht überhaupt die massgebliche Grundlage eines gesellschaftlichen Zusammenlebens darstellt und dass eigentlich alle Menschen, egal welcher Weltanschauung, dem zustimmen können. Ist dem wirklich so?
 
Interessanterweise sind die „Zehn Gebote“ wohl das einzige Relikt aus dem alten Testament, das für Christen noch einen bindenden Charakter darzustellen scheint. Während z.B. andere „mosaischen Gesetze“, wie zum Beispiel die Erlaubnis, die eigenen Töchter in die Sklaverei zu verkaufen (2), das Recht Sklaven straffrei zu töten (3) sowie die Pflicht, seine Verwandten und Freunde bei religiösen Meinungsverschiedenheiten umzubringen (4) von heutigen Christen nicht praktiziert werden, so lernen doch schon mancherorts Erstklässler die „Zehn Gebote“ auswendig. Betrachten wir jedoch die „Zehn Gebote“ unter dem Gesichtspunkt, inwieweit sie mit den Menschenrechten und dem Grundgesetz kompatibel sind, so werden wir bald Erstaunliches feststellen. Ich nehme daher den Text aus der revidierten Lutherbibel (1984) über die „Zehn Gebote“ heran, um die einzelnen Gebote einer genaueren Prüfung zu unterziehen. (5) Allerdings gibt es unterschiedliche Zählungen für diese zehn Gebote. Die jüdische Zählung, der auch manche christlichen Sondergemeinschaften folgen, teilt das erste Gebot in zwei auf und fasst die letzten beiden zusammen. Aber lassen wir solche Spitzfindigkeiten und beginnen mit dem ersten Gebot, so wie es die meisten Christen kennen.
 
1.Gebot:
 
Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir. Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen, weder von dem, was oben im Himmel, noch von dem, was unten auf Erden, noch von dem, was im Wasser unter der Erde ist: Bete sie nicht an und diene ihnen nicht! Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Missetat der Väter heimsucht bis ins dritte und vierte Glied an den Kindern derer, die mich hassen, aber Barmherzigkeit erweist an vielen tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.
 
„Keine anderen Götter zu haben neben dem EINEN“ impliziert, dass es zwangsläufig andere GöttInnen geben muss. Sonst würde diese Aussage wenig Sinn machen. Es handelt sich hierbei also um einen verordneten Henotheismus. (6) Der Anspruch dieses Gottes (und vor allem seiner irdischen Statthalter) auf Exklusivität kollidiert sowohl mit der negativen als auch der positiven Religionsfreiheit.
 
Noch vor gut zweihundert Jahren herrschte hierzulande Konfessionszwang. Zugelassen waren nur Religionen, die „den EINEN Gott“ verehrten, entsprechend dem ersten Gebot, und jedermann/frau musste sich zu einer dieser Konfessionen (katholisch, evangelisch, reformiert, jüdisch) bekennen. Erst mit Beginn der französischen Revolution setzte gegen den erbitterten Widerstand von Kirche und Klerus ein Prozess der Liberalisierung ein, der es uns heute gestattet, frei von Strafandrohung auch nicht an den EINEN Gott zu glauben.
 
Das „Bilderverbot“, ergo das Verbot sich zu kultischen Zwecken Kunstartikel herstellen zu dürfen, widerspricht der verfassungs-gemässen Freiheit der Kunst und des Rechtes auf Selbstentfaltung.
 
Dass zudem der EINE Gott auch noch die Kinder, Enkel und Urenkel für Verfehlungen der Väter bestrafen will ist mit modernem Strafrecht nun überhaupt nicht mehr vereinbar und erinnert an die Sippenhaft der Nazis. Glaubenszwang, Einschränkung künstlerischer Tätigkeit und Sippenhaft sind wohl kaum Bestandteile einer zeitgemässen Ethik. Das erste Gebot verstösst gegen die elementaren Menschenrechte auf dreifache Weise.
 
2.Gebot:
 
Du sollst den Namen des HERRN, deines Gottes, nicht mißbrauchen; denn der HERR wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht.
 
Mißbrauch des „Namens des Herrn“ ist immer sehr subjektiv als solcher zu werten und schwer an objektiven Kriterien festzumachen. Mancher Kopf musste schon rollen um jemand zu schützen, dessen Existenz gar nicht als gesichert anzusehen, ja eher unwahrscheinlich ist, den EINEN Gott. Als Relikt daraus schlummert immer noch der unsägliche §166 StGB (7) in unserem Strafrecht („Gotteslästerungsparagraph“). Allerdings gilt „Gotteslästerung“ nur dann als strafbar, wenn der Landfriede gefährdet ist, also eine ziemlich hohe Hürde. Ein Vorstoss zur Abschaffung desselben vor einigen Jahren fand indes keine parlamentarische Mehrheit genauso-wenig wie der Gesetzentwurf zur Verschärfung desselben durch die CDU und der Kirchenlobby.
 
Obwohl die Justiz in den letzten zwanzig Jahren wohl kaum mehr Urteile wegen Gotteslästerung verhängt hat, so besteht diese Gefahr latent fort. Aktuell ist ein Fall anhängig, bei dem jemand Klopapierrollen mit dem Stempelaufdruck „Koran“ versehen und zum symbolischen Kauf angeboten hat. Dies führte zu einem Strafbefehl wegen Verstoss gegen den §166 StGB und einer Hausdurchsuchung. (8) Der Auslöser war eine Beschwerde der iranischen Regierung (!!!). Willfährig zu sein gegenüber einem klerikalfaschistischen Land, das Ehebrecherinnen steinigen lässt und wo auf „Glaubensabfall“ die Todesstrafe steht, zeugt nicht gerade von einer unabhängigen Justiz. Es ist daher längst überfällig, dass dieser anachronistische Paragraph aus dem Strafgesetzbuch entfernt wird.
 
3.Gebot:
 
Gedenke des Sabbattages, daß du ihn heiligest. Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tage ist der Sabbat des HERRN, deines Gottes. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, dein Vieh, auch nicht dein Fremdling, der in deiner Stadt lebt. Denn in sechs Tagen hat der HERR Himmel und Erde gemacht und das Meer und alles, was darinnen ist, und ruhte am siebenten Tage. Darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn.
 
Nun ist es ja auf den ersten Blick keine schlechte Idee einen arbeitsfreien Tag pro Woche zu haben. In vorindustriellen Zeiten von Frondienst und Leibeigenschaft war der arbeitsfreie Sonntag ein Segen für die geplagten Menschen in Stadt und auf dem Land. Und selbst die sonntags geöffneten Gastwirtschaften haben meist einen Ruhetag. Und dass neben den Juden wohl nur noch die Adventisten den „Sabbat heiligen“ stört niemanden wirklich. Aber die Begründung für dieses „Gebot“ ist schräg: Sie setzt voraus, dass der EINE Gott „Himmel und Erde“ in sechs Tagen erschaffen hat.
 
Diese anachronistische kreationistische Weltsicht erlebt derzeit eine Renaissance in der Form des pseudowissenschaftlichen „intelligent design“. Deren nicht gerade an Geldnot leidenden Verfechter haben es immerhin erreicht, dass im US- Bundesstaat Kansas an öffentlichen Schulen der Kreationismus als wissenschaftliche Tatsache gelehrt wird. Hierzulande ist es die im baden-württembergischen Baiersbronn ansässige „Studiengemeinschaft Wort und Wissen“ (9), die versucht, „evolutions-kritische“ Lehrbücher in die Schulen zu bringen. Obwohl mit dem thüringischen Ministerpräsident Althaus ein prominenter Regierungsvertreter dem Verein seine Unterstützung gewährt, ist es doch mittelfristig eher unwahrscheinlich, dass derartige Bestrebungen erfolgreich sein werden. (10) Wissenschaftliche Arbeit hat immer ergebnisoffen zu sein und ist nicht wie das „intelligent design“ eine Alibifunktion für religiöse Absonderlichkeiten.
 
4.Gebot:
 
Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, auf daß du lange lebest in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, geben wird.
 
Vater und Mutter zu ehren ist sicher eine Selbstverständlichkeit, die keines besonderen Gebotes bedürfte. Immerhin verdanken wir ihnen unser Dasein. Dass die katholische Kirche aus eigennützigen Interessen davon Ausnahmen geschaffen hat, fällt erst bei näherem Hinsehen auf. Mönche und Nonnen, die pflegebedürftige Eltern haben, können kaum erwarten, dass sich die Kirche derer annimmt, haben sie doch mit Eintritt in den Orden unwiderruflich schon auf ihre gesamten Vermögenswerte und zukünftigen Erbschaften zu Gunsten des Ordens verzichtet. Und dass Sozialämter, die dann für die notwendigen Kosten aufkommen, dafür den Orden in Haftung nehmen ist undenkbar. Hätten die Kirche nicht lieber auf ihren gekreuzigten mythologischen Vordenker hören sollen der angeblich sagte: „Warum übertretet denn ihr Gottes Gebot um eurer Satzungen willen? Denn Gott hat geboten „Du sollst Vater und Mutter ehren; wer aber Vater und Mutter flucht, der soll des Todes sterben.“ Aber ihr lehrt: Wer zu Vater oder Mutter sagt: Eine Opfergabe soll sein, was dir von mir zusteht, der braucht seinen Vater nicht zu ehren. Damit habt ihr Gottes Gebot aufgehoben um eurer Satzungen willen.“ (11)
 
Wenn, wie im 4. Gebot bestimmt, die tatsächliche individuelle Lebenserwartung an den Umstand geknüpft wäre, dass den leiblichen Eltern die nötige Achtung zuteil wird, warum schlägt sich das dann nicht empirisch nieder? Und dass ihr Land ihnen von ihrem Gott direkt zugeteilt wurde, glauben nicht nur orthodoxe Juden, sondern auch evangelikale US-Amerikaner („God's Own Country“).
 
5.Gebot:
 
Du sollst nicht töten.
 
Mord und Totschlag werden in Friedenszeiten fast weltweit als Straftat geahndet. Theoretisch! Kopfabschlagen im Namen des HERRN galt schon immer als gute Tat. Hexen verbrennen auch! Kein Wunder, kaum waren die Zehn Gebote in Stein gemeisselt, musste auch schon ein armer Mann deswegen sterben, weil er am Sabbat ein wenig Brennholz gesammelt hatte. (12) Und dass die Kanaanäer im noch zu erobernden Land vom Säugling bis zum Greis hingemetzelt werden sollten, nur weil sie andere GöttInnen anbeteten, steht schon ein paar Kapitel weiter. (13) Kein Wunder, dass es auch später mit dem Tötungsverbot niemand mehr sonderlich ernst nahm. Nach China und dem Iran vollstrecken die superchristlichen USA die meisten Todesurteile weltweit.
 
6.Gebot:
 
Du sollst nicht ehebrechen.
 
Es hat sehr lange gedauert, bis die Erkenntnis zum Tragen kam, dass Frauen kein Besitz, sondern eigenständige und gleichberechtigte Wesen sind, und somit Ehebruch auch kein Eingriff in männliche Eigentumsrechte darstellt. Und ob ich nur mit einer (meiner) Frau Sex habe (oder mit einem oder mehreren Männern und/oder Frauen), ob sie nur mit mir Sex hat, oder ob überhaupt nicht, ob wir das oder jenes wollen, ob wir lieber Gruppensex haben oder sonst irgendwas anderes, ist unsere einvernehmliche Entscheidung, in die kein Dritter sich einzumischen hat, auch kein Gott. Dieses Gebot kollidiert eindeutig mit dem Grundrecht der sexuellen Selbstbestimmung.
 
7.Gebot:
 
Du sollst nicht stehlen.
 
Auch Diebstahl ist prinzipiell ja ethisch verwerflich. Richtig! Das Plündern eroberter Länder gehört wohl nicht dazu. Im Gegenteil, die Empfänger der zehn Gebote wurden ja regelrecht dazu aufgefordert. (14) Und dass die allermeisten Besitztümer und Ländereien der Kirchen nicht aus edlen Spenden stammen, sondern zusammen-geklaut wurden, ist hinreichend dokumen-tiert. Besitztitel, die in klösterlichen Fälscherwerkstätten massen-weise produziert wurden, verhalfen dem Klerus nicht nur zu Wohlstand, sondern auch zu weltlicher Macht. (15) Nicht nur den nord-amerikanischen Indianern wurde mit christlichem Segen das Land gestohlen, der Landklau geht tagtäglich weiter in aller Welt nach dem Gesetz des Stärkeren und mit priesterlichem Segen.
 
8.Gebot:
 
Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.
 
Dass Normalbürger vor Gericht die Wahrheit sagen müssen ist bekannt. Verstöße dagegen stehen als Meineid oder uneidliche Falschaussage unter Strafe. Priester und sonstige Prediger berufen sich auf das Beichtgeheimnis, Beamte und Politiker auf eine fehlende Aussage-gehmigung ihrer Dienstbehörde, Polizisten sprechen ihre Aussagen untereinander ab, nigendwo wird so viel gelogen wie bei Gericht und Untersuchungsausschüssen. Wen wundert es da, dass auch der kleine Mann lügt um sich Vorteile zu verschaffen, die Großen machen es ja vor. Und dass man auch mal lügen muss um jemanden zu schützen ist wohl jedem klar. Oder was wäre wohl passiert, hätte jeder Bauer, der damals Juden auf dem Dachboden versteckt hielt, um sie vor der Vernichtung zu retten, der Gestapo die Wahrheit gesagt?
 
9.Gebot:
 
Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.
 
10.Gebot:
 
Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib, Knecht, Magd, Rind, Esel noch alles, was dein Nächster hat.
 
Diese Gebote des Nichtbegehrens anderer Eigentum ist widersinnig. Erstens sind Frauen hier Eseln und anderen Besitztümern (auch leibeigenen „Knechten und Mägden“) gleichgestellt, also käufliche Ware. Zweitens sind die individuellen Bedürfnisse nicht schon deswegen grundsätzlich schlecht, weil jemand anders sich diese schon erfüllt hat. Wünsche, Träume und Ziele sind in der Natur des Menschen verankert. Es kommt nur darauf an wie sie befriedigt werden können. Angebot und Nachfrage setzt für alles einen Preis fest, jedes Haus und jedes Nutztier hat seinen Preis, jeder Angestellte fordert seinen Lohn. Mit Gier oder Habsucht, die manche auch dazu bringt sich rechtswidrig in den Besitz anderer zu bringen, hat das alles nichts zu tun. Und schlussendlich ist es nicht das wahre Glück, sich seine eigenen Bedürfnisse zu erfüllen, sondern die Bedürfnisse derjenigen mit denen man sich gemeinschaftlich verbunden fühlt.
 
 
Fazit:
 
Wer jetzt noch der Ansicht ist, die „Zehn Gebote“ seien eine mögliche Grundlage für einen „Weltethos“, wie es z.B. der Theologe Hans Küng anstrebt, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Ein archaisches Menschenbild zusammen mit Verpflichtung exklusiv den monotheistischen Macho- Gott „anzubeten“ kann keine Basis für das Zusammenleben unterschiedlichster Indivi-duen sein.
 
Was also dann wäre denn die Alternative? Eine Ethik, die dem Umstand Rechnung trägt, dass es die unterschiedlichsten Menschen mit ihren verschiedenen Bedürfnissen, Wünschen und Träumen gibt, die auf die Erfüllung derselben hinwirken. Das Leben an sich ist ja genau das was passiert, während man die Erfüllung seiner Wünsche und Träume erwartet. Was sind denn die menschlichen Grundbedürfnisse?
 
Der Selbsterhaltungstrieb des Menschen beinhaltet zum Beispiel die natürlichen Wünsche nach ausreichender und gesunder Nahrung, angemessener Bekleidung, Unterkunft, Privatsphäre, Gesundheit und Betätigung. Da wir uns die Bedürfnisse nicht alleine im glückstiftendem Mass gewähren können, sind wir auf die Mithilfe anderer angewiesen. Im Gegenzug tragen wir dazu bei, anderen ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Dies kann natürlich zeitweise auch unter Zwang erfolgen. Dabei werden aber nicht die Bedürfnisse aller Beteiligter gleichmässig erfüllt. Deshalb ist eine Gesellschaft, die auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit basiert, besser geeignet, die individuellen Wünsche aller zu erfüllen. Und je mehr ich bereit bin, für die Bedürfnisse anderer zu sorgen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch meinen eigenen Bedürfnissen Rechnung getragen wird. Dies führt dazu, dass wir emotionale Beziehungen zu Menschen und zur Natur aufbauen. Das nennt man auch Liebe.
 
Liebe ist daher das wichtigste Element von Ethik. Nur wer liebt wird auch geliebt werden. Liebe in den Beziehungen der Menschen untereinander und zwischen Mensch und Natur können allerdings nicht als „Gebot“ oder „Gesetz“ formuliert werden, sondern nur als Ziel. Die Liebe untereinander ist in der Goldenen Regel beinhaltet die sagt: „Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest“ und weitergehend: „Behandle andere so, wie sie selbst behandelt werden möchten“ (Platinregel), was besser die unterschiedliche Bedürfnislage impliziert.
 
Der menschliche Wunsch nach Gemeinschaft erstreckt sich nicht nur auf die individuelle Grundbedürfnisse. Der Mensch ist ein „Herdentier“ und lebt auch vom Austausch mit anderen. Diesem Wunsch muss Rechnung getragen werden. Die anhaltende „Atomisierung“ der Gesellschaft führt nicht zu mehr individueller Freiheit, sondern zu Frustrationen der besonderen Art. Ziel einer zeitgemässen Ethik sollte es also sein, nicht weniger, sondern ein Mehr von Gemeinschaft in der Gesellschaft zu verankern. Diese Gemeinschaften müssen nicht zwangsläufig auf leiblichen Verwandschaftsverhältnissen basieren. Auch Wahlfamilien, kommunitäre Gemeinschaften, moderne Stämme und generationsübergreifende Wohnprojekte sind nicht nur Utopien, sondern reale Alternativen.
 
Das natürliche Bedürfnis nach Spiritualität, der dem Menschen innenwohnende „Kulttrieb“, wurde in der Vergangenheit entweder instrumentalisiert und dogmatisiert (Kirchen) oder komplett negiert (orthodoxe Linke). Beides trägt einer modernen Ethik nicht Rechnung. So unterschiedlicher die individuellen spirituellen Neigungen sind, desto differenziertere Angebote sind erforderlich. Das Pendant zur Verehrung des EINEN Gottes, der aus dem Nahen Osten kommend, hier vor fünfzehnhundert Jahren seinen exklusiven Machtanspruch mit Hilfe seiner „irdischen Stellvertreter“ zementierte, ist eine freie Spiritualität. Dabei spielt es keine Rolle, ob, und wenn ja, welche GöttInnen verehrt, welche Feste gefeiert und welche Weltanschauung vertreten wird.
 
Entscheidend ist, dass freie Spiritualität selbstbestimmt erlebt wird und nicht Vorgaben irgendwelcher Interpretationen alter Bücher oder tradierter Vorgaben folgt. Fremdbestimmte Spiritualität ist weder freiwillig noch frei. Daneben muss auch berücksichtigt werden, dass Spiritualität nicht für alle Mitglieder der Gesellschaft gleich wichtig ist. Während manche ein sehr ausgeprägtes spirituelles Bedürfnis verspüren, sind andere eher marginal daran interessiert. Freie Spiritualität kommt ohne Gebote und Verbote aus, die Ethik lässt sich in dem schönen Merksatz formulieren: „Tu was du willst, schade niemanden!“ Ethik kommt ohne Moral aus. Während Ethik aktiv die Beziehung zwischen den Beteiligten regelt, so ist „Moral“ etwas Fremdes, Passives, willkürlich Übergeordnetes und zieht ihre Berechtigung meist aus „göttlichen“ Geboten.
 
Anstatt zu moralisieren, widmen wir uns lieber intensiver darum, die Bedürfnisse und Wünsche der Personen zu erfüllen, denen wir uns geistig, spirituell, familiär oder gemeinschaftlich verbunden fühlen. Das ist die wünschenswerte Ethik der Zukunft!
 
(pt.2006)
 
 

Quellenangaben:
1)http://www.universelles-leben.org/deutsch/frameload.html?/deutsch/wir_ueber_uns/zehn_gebote.html
2) 2.Mose 21,7
3) 2.Mose 21,20-21
4) 5.Mose 13,6-11
5) 2. Mose 20,2-17
6) Henotheismus: Verehrung einer einzigen Gottheit unter mehreren
7) § 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
8) http://www.eussner.net/artikel_2005-11-29_15-39-48.html
9)http://www.wort-und-wissen.de/publikationen.html
10)http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,375856,00.html
11) Matthäus 15,3-6
12) 4.Mose 15,32-36
13) 5.Mose 20,10-17
14) 5.Mose 7,1-6
15)Kriminalgeschichte des Christentums, K.H. Deschner

Wenn der Dialog zur Sprachlosigkeit mutiert...

 „Krieg ist eine Zeit der Sprachlosigkeit. Umso mehr müssen wir den Dialog jetzt suchen.“

(aus der Eröffnungsrede von Staatsministerin Kerstin Müller anlässlich der Ausstellung zeitgenössischer arabischer Kunst "DisORIENTation" im Haus der Kulturen der Welt, Berlin, 20. März 2003)

Sprachlos sind sie nun alle, die reaktionären Gutmenschen mit ihren politischen Fensterreden, die Dialogverweigerer jeglicher Coleur Arm in Arm mit allen, die es schon immer besser wussten, die Damen und Herren Scholl- Latour, Raddatz und Spuler- Stegemann, die Trotzdemdialogbefürworter aus Kirche und Moschee, der Zentralrat der Juden, der Muslime, der Katholiken, die Vertreter der Evangelischen und die der Konfessionslosen und Freigeister sowieso. Alle sprachlos!

Was geschah? Muslimische Migranten der dritten Generation mit europäischen Pässen, mithin europäische Staatsbürger, sprengen den Ast ab auf dem wir alle irgendwie unbequem sitzen und uns dennoch jahrzehntelang arrangiert haben. Kommt Nigeria jetzt nach Europa? Gibt es jetzt Krieg?

Nein, er findet bereits statt. Und ob aus dem kalten Krieg ein heißer wird, liegt nicht so sehr an der Masse der Menschen, die diesen Krieg nicht wollen, sondern eben an denen, die diesen „Krieg in unseren Städten“ explizit herbeisehnen. Nicht nur an den bärtigen Kriegstreibern in ihren langen Mänteln, sondern auch an denen, die vorbeugende Verbrechensbekämpfung als Verrat an der „Umma“ ansehen; an denen, die irgendwelche archaische religiöse Schriften als tatsächliche Handlungsanweisung für Staat und Gesellschaft begreifen; an denen, die Begriffe wie Freiheit, Toleranz und Menschenrechte der eigenen Ideologie entsprechend verbiegen und umdeuten. An denen, die sich zwar kleinlaut von offenem Bombenterror distanzieren, aber klammheimlich dennoch Genugtuung empfinden mögen um sich bei der nächstbesten Gelegenheit lautstark über angeblichen oder tatsächlichen „Verbrechen“ der (wahlweise) Israelis, Amerikaner, Engländer, Deutschen, Luxemburger oder der Bewohner der Fidschi-Inseln zu mokieren. An denen, die ihre Moscheen als Rekrutierungsbüros für „Jihadisten“ mißbrauchen lassen; an denen, die ihre Kinder in illegale Wohnheime von Koranschulen einsperren lassen oder zwangsverehelichen; an denen, die ihrem Hass auf Homosexuelle, Frauen, Juden oder „Ungläubige“ zwar keine unmittelbare Taten folgen lassen aber es billigend in Kauf nehmen wenn vermeintliche oder tatsächliche „Glaubensbrüder“ sich derer annehmen. Aber auch an denen, die einfach wegschauen; an denjenigen, die die Gefahr des Islamofaschismus kleinreden, die Kleinmut mit Toleranz verwechseln und die Bekämpfung faschistoider Ideologien mit Rassismus gleichsetzen.

Wenn wir hier in Europa irgend etwas aus unserer unrühmlichen kriegerischen Vergangenheit gelernt haben sollten, so dass alle(!) faschistoide Ideologien aufs Äußerste und von Anfang an bekämpft werden müssen. Was also ist zu tun? Es muss ein Ruck durch die Herzen der Menschen gehen. Jeder einzelne Christ, Muslim, Jude, Agnostiker, Heide, Buddhist und Atheist ist gefordert sein persönliches Engagement einzubringen um Faschismus in seiner roten, braunen aber auch „grünen“ Ausformung zu bekämpfen. Nicht halbherzig, sondern deutlich und klar. Das Signal muss eindeutig sein: Ich will das nicht! Und das bedeutet dezidiert zuerst in den eigenen Reihen den Kampf aufzunehmen. Nicht mit Waffen, sondern mit Worten, mit Emotionen, mit Gesten. Es gibt keine Unbeteiligten, alle sind beteiligt.

Ich warte vergebens auf den „Aufstand der Gerechten“, auf die große Friedensdemo in London, Madrid, Berlin oder anderswo, auf der Muslime, Christen, Konfessionslose und Andersgläubige Hand in Hand marschieren und der Welt zeigen: Nicht mit uns! Wir wollen ein friedliches Europa, eine friedliche Welt! Und eben keinen faschistoiden Alptraum mehr. Wir wollen mit unseren anders- oder nichtgläubigen Nachbarn Seite an Seite dafür kämpfen, dass wirkliche Nächstenliebe und Toleranz keine leeren Worthülsen sind. Verbrecher, die ihre faschistische Ideologie religiös legitimieren haben keinerlei Sympathien und Rechtfertigungen für ihre abscheulichen Taten. Wo sind denn die Friedensaktivisten, die Globalisierungsgegner, die FrauenrechtlerInnen, die sogenannten Antifaschisten, die Menschenrechtler? Wo sind „attac“, „greenpeace“, „amnesty“, die Gewerkschaften, die politischen Gruppierungen, die Kirchen von oben und von unten? Wie viele Anschläge feiger Mörderbanden gegen Eisenbahnzüge, U-Bahnen, Busse und Hochhäuser müssen denn noch passieren, dass derartiges ausgelöst wird? Geschieht das nicht bald, setzt sich die Sprachlosigkeit fort, so wird der Krieg eskalieren und Opfer sind wir selbst.

Dialog ist sinnlos, wenn er auf Podiumsdiskussionen oder in Internetforen stattfindet, solange dem guten Willen Einzelner keine Taten, keine Aktionen folgen. Diese Art Dialog ist nur die institutionalisierte Sprachlosigkeit.
(pt2005)
 



„...damit Frieden einkehre im Land“

"Was hat man denn gegen den Krieg? Etwa daß Menschen, die doch einmal sterben müssen, dabei umkommen?"(Augustinus, Kirchenlehrer)


Ist George W. (Dabbeljuh) Bush nun ein imperialistischer Kriegstreiber, wie manche meinen, oder die spätchristliche Reinkarnation des „Heiligen Georg“, der als Kämpfer gegen die „Achse des Bösen“ den neuzeitlichen „Drachen“, nämlich die Führer der „Schurkenstaaten“ vernichtet?
 
Man kann den Junior- Bush eigentlich nur verstehen wenn man auch sein christlich- fundamentalistisches Weltbild mit einbezieht, das von einem großen Teil der US- amerikanischen Bevölkerung getragen wird. Etwa 70 Millionen der 280 Millionen US- Amerikaner sind evangelikale fundamentalistisch- rechte Christen, was etwa ein Drittel aller Protestanten, die meist calvinistisch geprägt sind, ausmacht. Speziell in den ehemaligen konföderierten Sklavenhalterstaaten des Südens (Bibelgürtel) ist ihr Einfluss derart groß, dass praktisch niemand in ein öffentliches Amt gewählt werden kann, der sich nicht als praktizierender Christ bekennt.
 
Zwar sind die Kirchen in den USA, anders als die Amtskirchen in Deutschland, nicht säkularisiert, aber die amerikanische Gesellschaft ist sehr religiös geprägt. Fernsehprediger verzeichnen höchste Einschaltquoten und bekennende Atheisten sind selten. Wären die Kirchen in den USA nach deutschem Vorbild säkularisiert, so wäre vermutlich der Nichtbesuch der Gottesdienste ein zu ahndender Straftatbestand.
 
„Dabbeljuh“ ist in einem solchen prekären Umfeld im Süden der USA erzogen worden. Vermutlich wurde er deshalb in seiner spätpubertären Phase zum Alkoholiker. Seine fundamentalistischen Christenfreunde mit dem Fernsehprediger Pat Robertson an der Spitze brachten ihn aber wieder auf den „richtigen Weg“ und Bush bekennt sich öffentlich als „wiedergeborener Christ“. Diese charismatischen Evangelikalen, die in Europa vielerorts wohl sofort als destruktive Sektierer bezeichnet würden, mit all ihren Endzeitphantastereien, dem Glauben an ein bevorstehendes „Armageddon“ und zu erfüllenden Missionen haben ihn daher wesentlich geprägt. Bush setzt damit aber nur eine unselige Tradition fort.
 
Die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu am 3.1. 2003 wie folgt: „Gerade weil die amerikanische Verfassung der institutionellen Verknüpfung von Staat und Kirche einen Riegel vorschiebt, lassen sich in den USA politische Programme besonders wirksam religiös überhöhen. Dies galt für die Gründer der Republik und setzte sich in Präsidenten wie Woodrow Wilson fort, der wie ein Prediger wirkte, und in Jimmy Carter, der in Sonntagsschulen die Bibel auslegte. Unterschiede zwischen Republikanern und Demokraten sind kaum auszumachen. Die „Verkirchlichung“ der Wohlfahrtspolitik, die George W. Bush betreibt, wurde von Bill Clinton initiiert, und in jüngster Zeit kommen die stärksten Argumente für eine auch verfassungsmäßig abgesicherte Wiederannäherung von Staat und Kirche von Senator Joe Lieberman, ein möglicher Präsidentschaftskandidat der Demokraten.“ Seine Nahostpolitik (und die damit verbundene Unterstützung Israels) ist daher nicht, wie vielerorts behauptet, auf den angeblich großen Einfluss der „Jüdischen Lobby“ zurückzuführen (es gibt 6 Millionen Juden in den USA), sondern auf den Einfluss der fundamentalchristlichen alttestamentarischen Vorstellung von „Israel“ als „auserwähltem Land“. Israel ist sozusagen der Satrapenstaat von den USA als „God’s own country“, an das die Mehrheit der Amerikaner glaubt. Dabei tut es nichts zur Sache, dass die meisten Anhänger der „christlichen Rechten“ antisemitisch sind. Dies ist insofern kein Widerspruch für sie, da wie die "Bibelexpertin" Kay Arthur, die regelmäßig im Christian Broadcasting Network (CBN) des Fernsehpredigers Pat Robertson auftritt, meint:
 
"Wir müssen aufhören, politisch korrekt zu sein, und anfangen, biblisch korrekt zu handeln." Amerika solle sich eindeutig auf die Seite Israels schlagen. "Überall in der Heiligen Schrift hat Gott viel zu sagen über jene Nationen, die sich gegen Israel verbünden, und darüber, was mit ihnen künftig geschehen wird." Das sehe man bei den Propheten Hesekiel und Zacharias, in Genesis und Exodus. Gott habe Abraham versprochen: "Wer dich verflucht, dem will ich auch fluchen", und im Buch Zacharias heißt es, Gott wolle eines Tages "trachten, alle Völker, die gegen Jerusalem anrüsten, zu vernichten".
 
Auch die Innenpolitik der Bush-Regierung wird zunehmend vom calvinistischen Glauben an die „Prädestination“ und immer weniger von humanistischen Idealen wie die der Gerechtigkeit bestimmt. Unverhohlen kann die Steuerpolitik dem Matthäus-Prinzip folgen („wer hat, dem wird gegeben“), weil Wohlstand als Zeichen gottgefälliger Lebensführung interpretiert wird. Hinzu kommt die zunehmende Entstaatlichung der Wohlfahrtspolitik, welche die Fürsorge für die Armen und Unterprivilegierten mehr und mehr den christlichen Kirchen, überantwortet. Was wundert es da noch, wenn auch in der Außenpolitik andere Maßstäbe gelten. Selten jedoch wurde sie so religiös verbrämt wie unter der Bush- Administration. Einem weltweiten Terrorismus, der seine Verbrechen religiös rechtfertigt, stellt sich die einzig verbliebene Supermacht als Racheengel entgegen, der zum Endkampf zwischen Gut und Böse aufruft – als ob es im Irak-Konflikt nicht in erster Linie um die Sicherung der Ölreserven im Nahen Osten ginge. Um von geostrategischen Interessen abzulenken, tritt ein rabiater Messianismus an die Stelle einer vernünftigen Politik.
 
Nicht Weltverschwörungstheorien nach Art der Illuminaten des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts, die in den USA und anderswo Hochkonjunktur haben, erklären die Vorgänge um den 11. September 2001, sondern der Einfluss der christlichen Fundamentalisten- Lobby auf die Amtsgeschäfte Bush’s. Beispielsweise zitiert die „Neue Solidaritaet“ in ihrer Ausgabe vom 22.5.2002 (Nr. 21) einen Artikel des amerikanischen Publizisten Mark Burdman. Er schreibt auszugsweise: Beispiele aus der letzten Zeit zeigen, wie die "Fundamentalisten-Lobby" Druck auf die Regierung ausübt. Das erste war ein Geheimtreffen im Weißen Haus am 30. Juli 2001 (sechs Wochen vor dem 11. September). Christliche Fanatiker, die für einen Nahostkrieg waren, und jüdische Gleichgesinnte trafen Bushs Verbindungsmann Tim Goeglein.
 
Ein Teilnehmer, Herb Zweibon von der Extremistengruppe "Americans for a Safe Israel", enthüllte einem Journalisten, der Sinn des Treffens sei gewesen, Bush politisch unter Druck zu setzen: Wenn er Ariel Scharon nicht grünes Licht für einen Krieg gebe, werde er bei den christlich-fundamentalistischen Wählern in große Schwierigkeiten kommen. Es gebe 70 Millionen solcher Amerikaner, sagte Zweibon, und wenn sich nur ein Zehntel davon fest hinter "unsere Ziele" stelle, sei das "eine enorme Kraft". Man habe Bushs Verbindungsmann gesagt, George Bush senior habe die Wiederwahl zur Präsidentschaft verloren, weil er Versprechen gegenüber Israel gebrochen habe. Wenn Bush nicht mitmache, werde ihn das "politisch zugrunde richten".
 
Organisator des Treffens war der protestantische Fundamentalist Ed McAteer, der Vorsitzende des Religious Roundtable. McAteer förderte in den 80er Jahren als Verbindungsmann nach Israel Waffengeschäfte in Oliver Norths Iran-Contra-Operationen. Auch der Mitbegründer des Roundtable von katholischer Seite, Paul Weyrich, ist tief in Operationen des US-Militärgeheimdienstes verwickelt.
 
Die Teilnehmer kamen u.a. von Pat Robertsons CBN, der International Christian Embassy in Jerusalem und der Zionist Organization of America. Der Vertreter von Christian Friends of Israel, Elwood McQuade, sagte später, er sei unbedingt dafür, den "Tempel Salomos" wiederaufzubauen, und schimpfte auf die amerikanische Regierung, weil sie gegen die "Tempelbergaktivisten" ist, die dies in Jerusalem versuchen. McQuade behauptete, wenn man das "jüdische Anrecht auf den Tempelberg" - Al Haram Al Scharif, mit dem zweithöchsten moslemischen Heiligtum, dem Felsendom - bestreite, sei das so, als leugne man den Holocaust. Christentum und Judentum hätten einen gemeinsamen Feind, den Islam....
 
Vom 21.-23. April 2002 fand dann die bisher größte Versammlung von AIPAC mit bis zu 4000 Delegierten statt. Die Hälfte der amerikanischen Senatoren und ein Drittel der Kongreßabgeordneten kamen. Besonders viel Beifall erhielt der republikanische Abgeordnete Tom Delay aus Texas, ein "wiedergeborener Christ", der sich hier zionistischer gab als die Zionisten und kürzlich mit dem Abgeordneten Tom Lantos aus Kalifornien ein Bündnis für Israel/Scharon bildete. Daß Delay noch vor kurzem öffentlich erklärt hatte, nur Christen würden "erlöst", hatten die jüdischen AIPAC-Mitglieder wohl schon vergessen.
 
Am 3. Mai2002 trafen sich am Vorabend von Scharons USA-Besuch 250 "christliche Führer" aus ganz Amerika in der israelischen Botschaft in Washington. Der "christliche Rechte" Gary Bauer sagte: "Es bilden sich sehr interessante Bündnisse. Viele Evangelikale glauben, daß das Land Israel das Gelobte Land ist, das Gott dem jüdischen Volk versprochen hat... Ich sehe Israel, wie Großbritannien, als Verteidiger der westlichen Zivilisation."
 
Was hilft es also gegen die Bush- Politik zu demonstrieren, solange die Ursache dieser chauvinistischen Politik nicht öffentlich gemacht wird, seine „christlichen Wurzeln“? Säße nicht Bush auf dem Präsidentensessel, so wäre es eben irgend ein anderer. Und der wäre im Netz der „christlichen Rechten“ genauso verstrickt und gefangen.
 
Was also soll geschehen? Der religiöse Einfluss auf die Politik muss zurückgedrängt werden, in den USA und weltweit. Die Verbindungen der Politiker zu religiösen Eiferern muss öffentlich gemacht werden. Weltbürger vereinigt euch und werft die Gotteskrieger aus den Amtsstuben. Schickt die Pfaffen (und Mullahs und Rabbis) zurück in die Kirchen (und Moscheen und Synagogen). Damit Frieden einkehre im Land....und weltweit! (pt.2003)


Der Anarchist und die Gemeinschaft


„Anarchismus“ ist ein polarisierendes Reizthema. Es fällt sehr schwer über dieses Wort hinwegzulesen, da es starke Gefühle freisetzt. Anarchismus war und ist ein Reizwort sowohl für die politische Linke oder was davon übriggeblieben ist als auch für die klerikal- konservativen Kräfte in unserer ach so „globalisierten“ Weltordnung. Für viele konservativen Kreise ist Anarchismus gleichbedeutend mit Chaos, Gesetzlosigkeit, Rückfall in die „Steinzeit“ und Wertezerfall und stellt daher eine latente Bedrohung des Status Quo dar. Für die dogmatische Linke stellt er sich sogar existenzbedrohend dar. Wo kämen wir auch hin wenn die Wahrheiten von gestern nicht mehr die Probleme von morgen lösen könnten.
 
Lösen wir uns also mental mal von diesen vergilbten Ansichten und versuchen wir eine wertfreie Betrachtung desselben.
 
    1. Muß es nicht für jedermann/frau möglich sein, Ansichten und Sachverhalte grundsätzlich in Frage zu stellen, die man bisher als normal ansah und jede Abweichung davon als unangenehm empfand, als Verlassen der persönlichen Komfortzone?

    2. Die Gesellschaft verändert sich permanent. Waren oder sind es nicht diejenigen die die Veränderungen einleiten, die sich über Konventionen hinwegsetzen und bestehende Tabus brechen, also anarchistisch handelten?

    3. Soll ich mir persönliche Vorlieben und Extravaganzen, auch wenn sie extrem und momentan nicht gesellschaftlich konsensfähig sind nicht leisten können? Ist das nicht auch meine persönliche Entfaltung? Ist das Anarchie?

    4. Darf ich nicht „ nach meiner eigenen Fac‘on selig werden“, d.h. kann ich meine Urtriebe nicht so befriedigen wie ich es persönlich als angenehm empfinde?

    5. Ist es anarchistisch wenn ich mich bewußt nicht an Gesetze halte, die ich ablehne ohne anderen Schaden zuzufügen?

 
Waren es nicht zuerst Bestrebungen die gelegentlich als anarchistisch eingeordnet wurden die zur Abschaffung des Kuppeleiparagraphen, der 175- Paragraphen, eines unterdrückerischen Jugendschutzgesetzes oder zur gesetzlichen Gleichstellung des weiblichen Geschlechts und zum gesetzlichen Schutz homosexueller Lebensgemeinschaften führten. Waren es nicht die sogenannten „Gammler“, die zuerst durch „anarchistisches“ Polarisieren die Auswüchse der „deutschen Tugenden“ auf Normalmaß reduzierten und die Relikte der mittelalterlichen Kleiderordnung abschafften? Waren es nicht die Friedensaktivisten und Atomkraftgegener, die zu einem Umdenken auch breiter Bevölkerungsschichten führten? Und wird es nicht auch in Zukunft so sein, daß alle gesellschaftlichen Veränderungen nur „anarchistisch“, daß heißt unter Aufgabe der Konformität durch ein Minderheit erreicht werden, bevor eine legislative Anpassung der gesellschaftlichen folgt? Dazu ist es fast immer erforderlich zeitweilig eine dem bisher vorherrschenden gesellschaftlichen Umfeld diametral entgegengesetzte Position zu vertreten und zu leben, die man bedenkenlos als anarchistisch bezeichnen kann.
 
Deshalb kann man vom Anarchismus auch nicht von einer politischen oder permanenten Oppositionsbewegung sprechen. Anarchismus bewirkt gesellschaftliche Veränderung. Ist diese Veränderung einmal erreicht, so erscheint ein Festhalten daran als rückwärtsorientierter Anachronismus. Es gibt statt dessen neue Betätigungsfelder für anarchistische Bestrebungen, als da wären:
 
    - Trennung von Kult und Staat in der Praxis als auch durch die Verfassung

    - Anerkennung und gesetzliche Absicherung von Wahlfamilien ( Stämme, Clans, Gruppenehen usw. ) durch die Legislative

    - Gleichstellung alternativen Wirtschaftens

    - Regionalisierung innerhalb der Globalisierung, um den kulturellen Besonderheiten Rechnung zu tragen

    - Legalisierung sogenannter weicher Drogen

 
und vieles mehr. Um diese Veränderungen voranzutreiben, ist es daher für die treibende Minderheit unbedingt erforderlich den Bogen zu überspannen, d.h. die bestehenden Tabus gezielt zu brechen bzw. Anarchist zu sein!

Ich bin Anarchist, und das ist gut so!


Über das Wesen der Freiheit

Den Wert der Freiheit weiß nur derjenige zu schätzen dem sie genommen wurde. (pt)


Für Freiheit gehen Menschen auf die Straße, sie riskieren ihr eigenes Leben und das ihrer Angehörigen. Freiheit als Begriff für Befreiung von Sklaverei, Knechtschaft, Unterdrückung und Barbarei zieht sich durch die Menschheitsgeschichte wie ein roter Faden. Freiheitsberaubung ist nach dem deutschen Strafgesetzbuch ein Verbrechen, und eben die selben „Verbrecher“ werden dann zur Strafe der Freiheit beraubt. Wo Mauern und Stacheldraht sind, kann aber keine Freiheit sein. Nicht im Gulag, nicht in Heimen für straffällig gewordene Jugendliche, nicht in hermetisch abgeschotteten Kasernen und Behördengebäuden. Nicht in Gerichtsälen und nicht in Rundfunk- und Fernsehanstalten.
 
Freiheit definiert sich als
 
    - absolute Unabhängigkeit im Denken
    - bedingte Unabhängigkeit in der Kommunikation
    - eingeschränkte Unabhängigkeit im Handeln

 
Kommen wir zum ersten Punkt:
 
    1.:absolute Unabhängigkeit im Denken

 
Nur in den Gedanken sind wir wirklich und unbedingt frei. Gedanken können niemandem schaden. Aber Denken befreit! Unabhängiges Denken war schon immer die Voraussetzung dafür, Weltbilder zum Einsturz zu bringen, Dogmen fallen zu lassen und Widersprüche aufzudecken.
 
Unabhängiges Denken war die Grundlage dafür, dass Galilei, Kepler und Kopernikus das mittelalterliche Weltbild zertrümmerten, dass Hegel, Kant und Feuerbach das Christentum ad absurdum führten, dass Marx, Engels, Trotzki und andere Vordenker Visionen und Utopien für eine bessere Welt entwickelten, dass Albert Einstein, Robert Mayer und Steve Hawking die Naturgesetze erforschten.
 
Kein Wunder, dass freiheitliches und unabhängiges Denken vor allem von totalitär strukturierten Staaten und Gemeinschaften bekämpft wird. Bedeutet es doch deren Niedergang und nachfolgende Irrelevanz. Der Untergang des Stalinismus bezeugt das ebenso, wie die allgemeine Abkehr von den Kirchen. Nichts fürchten Sekten (politische und religiöse) daher mehr, als dass ihre Anhänger sich mit freiheitlichem und unabhängigem Gedankengut beschäftigen. Zensur und Selbstzensur sind die wichtigsten Instrumente der geistigen Freiheitsberaubung.
Aber die Freiheit des Denkens wird immer vom Einzelnen ausgehen. Nicht die Volksredner und Moralprediger vermitteln Unabhängigkeit, sondern der Querdenker, der alles und jeden in Frage stellt.Denke auch das Undenkbare!
 
    2.:bedingte Unabhängigkeit in der Kommunikation

 
Im Gegensatz zum freien Denken ist der Freiheit der Kommunikation Grenzen gesetzt. Diese Grenzen ergeben sich daraus, dass grenzenlose Kommunikation verletzend sein kann und unter gewissen Umständen Schaden anrichtet. Worte und Gesten können zu Waffen werden. Satire kann überzeichnen. Aussagen können beleidigen und Sätze können lügen.
 
Das bedeutet aber nicht dass Freiheit in der Kommunikation auf alle Empfindlichkeiten und gesellschaftliche Tabus Rücksicht nehmen muss. Im Gegenteil! Die Unterdrückung des gesprochenen, geschriebenen und gedruckten Wortes hat mit Freiheit nichts zu tun sondern mit Zensur und führt in letzter Konsequenz zu Index und Bücherverbrennung.
 
Es kommt darauf an, wie kommuniziert wird, nicht so sehr auf das was. Freiheit in der Kommunikation zielt auf eine positive Wirkung ab. Beleidigungen und rhetorische Unverschämtheiten bewirken das krasse Gegenteil, nämlich Ablehnung, Hass und Feindschaft. Der überzeugende Gesprächspartner geht auf sein Publikum ein und sucht zunächst Gemeinsamkeiten die verbinden, bevor die Differenzen angesprochen werden. Dies betrifft auch virtuelle Gesprächskreise wie Foren und Chat’s. Vermittle ich das Gefühl: „Mir kann man alles sagen!“, dann ist auch der/die PartnerIn bereit, rücksichtsvolle Kommunikation zu betreiben ohne sich sachliche Einschränkungen aufzuerlegen. Freiheit in Wort und Sprache ist die Vorraussetzung für freies Handeln.
 
    3.:eingeschränkte Unabhängigkeit im Handeln

 
Der Handlungsfähigkeit des Einzelnen sind natürliche Grenzen gesetzt. Diese ergeben sich aus den äußeren Rahmenbedingungen sowie den individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten. Freiheit bedeutet hier, die persönliche Unabhängigkeit auf alle Lebensbereiche so weit wie möglich auszuweiten und keine unnötigen Einschränkungen hinzunehmen.
 
Die alte heidnische Ethik „Tu was du willst, solange du niemand Schaden zufügst“ bringt den Freiheitsgedanke auf den Punkt. Die Unabhängigkeit im Handeln hört dort auf, wo gleichberechtigte Ansprüche tangiert sind. Dies bezieht sich nicht nur auf andere Menschen, sondern im weitesten Sinne auf die gesamte Natur und auf das Universum. Wir als Menschen sind nur ein Teil der Natur und nicht die Krone einer „göttlichen Schöpfung“, die tun und lassen kann was sie will und dadurch in letzter Konsequenz die eigenen Lebensgrundlagen zerstört.
 
Freiheit im Handeln kann auch bedeuten, sich über Konventionen und Gesetze hinwegzusetzen, falls diese schädlich und somit falsch sind. Der freiheitsliebende Aktivist wird daher immer abwägen, welche Freiheit einen höheren Stellenwert hat, bzw. was er unter diesen Umständen konkret tun wird. Dabei wird er auch Konsequenzen aller Art in Kauf nehmen müssen. Aber eben dieses Unterscheidungsvermögen zeichnet den libertären Anarchisten aus. Libertär ist eben mal nicht liberal!
Freiheitliches unabhängiges Handeln zeichnet sich durch Verantwortung und Rechtschaffenheit aus. Handeln wir entsprechend!
 
    Fazit:

 
Die Freiheit ist neben der körperlichen Unversehrtheit das höchste Gut. Gehen wir also sorgsam damit um! Die Freiheit ist wie ein rohes Ei! Sie kann sehr schnell dahin sein. Um sie dann wieder zu erlangen bedarf es dann größter Anstrengungen und Opfer. Die Geschichtsbücher sind voll davon. Setzen wir die Freiheit also nicht leichtfertig aufs Spiel. Bekämpfen wir die Unfreiheit wo immer wir auf sie treffen! Damit wir den nachfolgenden Generationen eine freie Welt, ohne Verfolgung, Zensur und Gewaltherrschaft überlassen können. (pt.2003)
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