Parkinson-Krankheit (Schüttellähmung, Paralysis agitans)
 
 Dr. med.  Alexander  Reinshagen, Facharzt für Neurologie

Was ist die Parkinson-Krankheit?

Die Parkinson-Erkrankung (Morbus Parkinson) ist eine Krankheit, bei der es zu einem fortgeschrittenen Verlust bestimmter Zellen (dopaminproduzierender Zellen) des Gehirns kommt. Dadurch kann das Hormon Dopamin nicht mehr in ausreichender Menge produziert werden. Ohne die richtige Menge an Dopamin kann sich der Mensch nicht richtig bewegen. Es kommt zu den klassischen Symptomen mit Bewegungsarmut bzw. verlangsamung (Akinese), Muskelsteifheit (Rigor) und Zittern (Tremor). Daher nannte James Parkinson diese Erkrankung in seiner Erstbeschreibung aus dem Jahr 1817 auch Schüttellähmung (Paralysis agitans).

Die Parkinson Krankheit ist vorwiegend eine Erkrankung des höheren Lebensalters. Etwa zehn Prozent der Patienten sind bei Diagnosestellung jünger als 40 Jahre. In der Regel fällt die Erkrankung zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr auf. Die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu. In der Gesamtbevölkerung sind zwischen 100 und 200 pro 100 000 Personen betroffen. Bei Personen älter als 60 ist etwa einer von 100 erkrankt. Das männliche Geschlecht ist etwas häufiger betroffen. 

Wie entsteht die Parkinson-Krankheit?

Bei der Parkinson-Krankheit ist im Gehirn zu wenig Dopamin vorhanden. Dopamin ist wichtig für die Signalübertragung im Gehirn und wird in einer speziellen Gehirnstruktur (Substanzia nigra) gebildet. Bei der Parkinson-Erkrankung wird die Substanzia nigra langsam zerstört - und es wird immer weniger Dopamin gebildet. Der Dopaminmangel führt zu einer Fehlsteuerung der Körperbewegung.

Nur bei der eigentlichen Erkrankung ohne erkennbare Ursachen spricht man von der Parkinson-Erkrankung im engeren Sinn. Die Ursache dieser Erkrankung ist unbekannt. Ist eine Ursache für das klinisch gleiche Bild bekannt, spricht man von Parkinson-Syndrom. Dieses kann durch Nervengifte wie MPTP (in den 80-Jahren als Heroinersatz in den USA bekannt geworden), Mangan, bestimmte Gehirnentzündungen (Enzephalitis lethargica) aber auch häufig wiederkehrende Hirntraumen ("Boxerparkinson") und eine Gefäßerkrankung des Gehirns hervorgerufen werden. Eine erbliche Komponente scheint auch eine Rolle zu spielen, ist aber noch nicht sicher bewiesen.

Ebenso können bestimmte Medikamente (Neuroleptika, Prokinetika), die bei psychischen Erkrankungen und Magen-Darm-Krankheiten eingesetzt werden, zumindest vorübergehend Parkinson-Symptome hervorrufen.

Welche Symptome treten bei der Parkinson-Krankheit auf?

Die Symptome entwickeln sich schleichend. Meist erkennt die engste Umgebung des Patienten die Krankheitssymptome deshalb eher, als sie der Patient selbst wahrnimmt. Meist beginnen die Symptome an einer Seite des Körpers, später breiten sie sich auch auf die andere Seite aus. Die wichtigsten Krankheitszeichen sind:

  • Steifheit der Muskeln (Rigor)

  • Zittern, besonders der Hand, im entspannten Zustand (Ruhetremor)

  • Bewegungsverarmung, verlangsamte Bewegung mit schlurfendem, vorn übergebeugten Gang

  • Eingeschränkte Mimik

Dies sind die klassischen Symptome, die ersten drei bilden die Parkinson-Trias, die sozusagen eine Diagnose auf den ersten Blick gestatten. Häufig führt die allgemeine Steifheit zuerst zu Muskelschmerzen, derentwegen die Betroffenen zunächst den Orthopäden aufsuchen. Weitere typische und zur Diagnose führenden Symptome sind:

  • Persönlichkeitsveränderungen (gesellschaftlicher Rückzug, Perfektionismus und zwanghaftes Verhalten) sowie depressive Verstimmung

  • Leise, eintönige Sprache

  • Erhöhter Speichelfluß, ein so gennantes Salbengesicht

  • Zunehmende Schreibstörungen (immer kleiner werdende Schrift)

  • Depression

Als schwerste Erkrankungsform kann es zur akinetischen Krise kommen. Es handelt sich um einen lebensbedrohlichen Zustand mit langanhaltender Bewegungsblockade, der im Verlauf der Parkinson-Erkrankung bei Infekten oder anderen Störungen, die zu einer verminderten Tablettenwirksamkeit führen, auftreten kann. Jahre nach Beginn der Erkrankung bzw. fünf bis zehn Jahre nach Beginn der Medikamenteneinnahme kommt es häufig zu unfreiwilligen, überschießenden und nicht beeinflußbaren Bewegungen (Dyskinesien).

 

Wie stellt der Arzt die Diagnose?

Die Diagnose Parkinson-Krankheit wird durch den Krankheitsverlauf und die klinische neurologische Untersuchung gestellt, die Einnahme der genannten möglicherweise verursachenden Medikamente muss ausgeschlossen sein. Weitere Untersuchungen (Computer-Tomographie, Kernspin-Tomographie, EEG) dienen dazu, andere Krankheiten auszuschließen. Durch Einmalgabe der wirksamen Medikamente (L-Dopa Test) kann man versuchen, die Diagnose schnell glaubhaft zu machen und den zu erwrtenden Therapieeffekt abzuschätzen. Wegen der Nebenwirkungen bei für diesen Test erforderlichen hohen Tablettendosis sollte ein solcher Versuch im Krankenhaus gemacht werden.

Wie wird die Parkinson-Krankheit behandelt?

Medikamente, Krankengymnastik und Operationen werden je nach Erkrankungsform in die Behandlung einbezogen.

Nicht bei allen Patienten kann die gleiche Behandlung angewandt werden. Bei Parkinson ist eine sehr individuelle Behandlungsstrategie notwendig, da die Krankheit verschiedene Symptome zeigt und in unterschiedlichem Tempo fortschreitet.

Die Behandlungsstrategie wird auch davon beeinflusst, in welchem Alter die Krankheit entsteht. Das Bedürfnis, die Symptome der Krankheit zu bekämpfen, hängt auch von den beruflichen und den sozialen Verhältnissen ab. Deshalb ist es wichtig, die Patienten und ihre Angehörigen in die Wahl der Behandlungsstrategie einzubeziehen.

Um den Effekt eines Medikamentes zu beurteilen und eine Überdosierung zu vermeiden, kann die Medikamentendosis nur langsam geändert werden. Wird versucht, alle Symptome zu unterdrücken, kann es leicht zu einer Überdosierung kommen.

    Medikamente:

    Dopamin selbst wirkt nicht, wenn man es als Tablette schluckt, da es nicht durch den Schutzwall dringen kann, der das Gehirn umgibt. Trotzdem gibt es verschiedene Möglichkeiten, den Mangel an Dopamin auszugleichen:

    • Statt Dopamin verwendet man seine Vorläufersubstanz, das Levodopa (L-Dopa). Levodopa kann im Gegensatz zu Dopamin den Schutzwall passieren. Es wird im Gehirn zu Dopamin umgewandelt und ersetzt dort den fehlenden Botenstoff. Jedoch wird Levodopa nicht nur im Hirn, sondern auch auf dem Transport dorthin im Blut abgebaut und verliert dadurch seine Wirksamkeit. Deshalb wird Levodopa mit anderen Wirkstoffen kombiniert, die seinen vorzeitigen Abbau im Körper verhindern.

    • Eine weitere Möglichkeit, die Dopamin-Konzentration im Gehirn zu erhöhen, besteht darin, seinen Abbau zu verhindern. Nachdem es seine Wirkung an speziellen Bindungsstellen im Gehirn ausgeübt hat, wird Dopamin normalerweise durch das Enzym Mono-Amino-Oxidase-B (MAO-B) abgebaut. Man kann dieses Enzym durch Arzneistoffe hemmen, die folglich MAO-B-Hemmer heißen. Dadurch steht dem Gehirn mehr Dopamin zur Verfügung.

    • Einen andere Therapiemöglichkeit sind Dopamin-Agonisten. Das sind Stoffe, die chemisch anders gebaut sind als Dopamin, aber sehr ähnliche Wirkungen haben. Sie passieren problemlos den Schutzwall im Gehirn und üben ihre Wirkung an den gleichen Bindungstellen aus wie Dopamin.

    • Neben Dopamin ist Glutamin ein weiterer Botenstoff im Gehirn. Aus Experimenten weiß man, dass man durch Blockieren der Glutamin-Wirkung die Dopamin-Wirkung verbessern kann. Arzneistoffe, welche die Glutamin-Wirkung blocken können heißen NMDA-Antagonisten und werden zur Unterstützung der Therapie eingesetzt.

    • Die Catechol-O-Methyl-Transferase (COMT) ist ein körpereigenes Eiweiß, das L-Dopa abbaut. Die COMT-Hemmer sind neue Medikamente. Sie müssen gemeinsam mit L-Dopa gegeben werden. Sie verlängern die Wirkungsdauer von L-Dopa, indem sie dessen Abbau verhindern. Sie werden insbesondere eingesetzt, um Wirkfluktuationen unter Therapie mit L-Dopa zu reduzieren.

    • Anticholinergika wirken nicht direkt auf das Dopamin-System. Sie hemmen einen anderen Botenstoff (Acetylcholin) im Gehirn, der bei der Parkinson Krankheit überaktiv ist. Anticholinergika haben einen milden anti-Parkinson Effekt. Sie wirken vor allem gegen das Zittern.


    Parkinson-Patienten, die mit Levodopa behandelt werden, profitieren in der Anfangsphase uneingeschränkt von dessen guter Wirksamkeit. In späteren Stadien der Krankheit treten jedoch verstärkt unwillkürliche und schmerzhafte Bewegungsabläufe auf. Bis heute ist unklar, ob diese Spätkomplikationen durch die Behandlung mit Levodopa oder durch das Fortschreiten der Erkrankung selbst ausgelöst werden. Zudem lässt die Wirksamkeit von Levodopa mit der Zeit nach. Immer höhere Levodopa-Dosen werden für eine wirksame Therapie notwendig. Daher stellt sich die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für einen Therapiebeginn mit Levodopa.

    Operation

    Früher versuchte man operativ, die für die Bewegungskoordination verantwortlichen Zentren im Gehirn zu zerstören; davon hat man sich heute komplett abgewandt. Demgegenüber hat die elektrische Stimulation verschiedener Nervenzentren in bestimmten Bereichen des Gehirns (Basalganglien) in letzter Zeit wieder Zuspruch erfahren. Wie bei einem Herzschrittmacher werden von einem Impulsgeber elektrische Reize über die Elektrode an das umgebende Gehirngewebe weitergeleitet. Dieses wird in seiner Aktivität beeinflußt, was die Symptome der Parkinson Krankheit verbessern kann. Gute Resultate werden vor allem gegen das behindernde Zittern, den Tremor, erreicht. Auch wenn bei der elektrischen Stimulation planmäßig keine großen Schäden am Gehirn vorgesehen sind, handelt es sich doch um einen hochspezialisierten Eingriff, der nur in wenigen Zentren durchgeführt wird. Durch verschiedene von außerhalb des Körpers zu beeinflussenede Reizfrequenzen versucht man dabei, die einzelnen Symptome zu lindern.

    Transplantation embryonaler Nervenzellen:

    Bei dieser Behandlung wurden Nervenzellen von Embryonen in das Gehirn des Parkinsonpatienten transplantiert. Mehrere solcher Operationen waren im Rahmen von Studien zunächst erfolgreich - u.a. in Schweden und den USA - durchgeführt worden. Im Nachhinein waren die Ergebnisse aber enttäuschend.

 

Was können Sie selber tun?

Informieren Sie sich bei Parkinsonvereinen und Ärzten über die Krankheit.

  • Fitness: Um einen möglichst guten Gesundheitszustand zu bewahren, sollte der Patient körperlich aktiv bleiben. Hier können auch die Angehörigen helfen. Empfohlen wird regelmäßige physiotherapeutische oder ergotherapeutische Behandlung.

  • Ernährung: Patienten mit Parkinson-Krankheit essen und trinken oft zu wenig, weil sie ungeschickt und langsam sind oder sich vor häufigem Wasserlassen fürchten. Achten Sie auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (etwa zwei Liter am Tag) sowie auf eine ausgewogene Ernährung. Da Dopamin ein Eiweiß ist, sollte es nicht mit einweißreichen Mahlzeiten zusammen eingenommen werden; es wird sonst urch andere Eiweiße bei der Aufnahme im Darm verdrängt.

  • Es gibt viele erschwerende Symptome der Erkrankung, etwa das so genannte "Einfrieren", wobei der Betreffende sich nicht mehr bewegen kann. Hier helfen visuelle Reize auf dem Boden, z.B. ein hingeworfenes Taschentuch, ein Gehstock etc.

  • Für Angehörige macht es keinen Sinn, den Patienten zur Eile aufzufordern oder zu ziehen. Dies wird oft die "Einfrier"-Episode verlängern.

 

Prognose

Die Parkinson-Erkrankung ist eine chronische Erkrankung. Sie lässt sich nicht heilen, kann aber viele Jahre effektiv behandelt werden.

 
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