widerstandimabschiebeknast 2005.
Widerstand im Abschiebeknast und Abschiebelager



Was ist ... ?

Widerstand gegen Abschiebung

Illegalisierte Menschen die von Deportation bedroht sind, protestieren und demonstrieren, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen oder verweigern ihre Abschiebung.

Abschiebehaft  soll der "Sicherstellung der Abschiebung". dienen aber auch der  Einschüchterung zur Erzwingung der "freiwilligen" Ausreise und als "Strafe".

Abschiebelager
oder sogenante "Ausreisenzentren"
sind 
Lager, in die Flüchtlinge mit gültigem Aufenthaltsstatus eingewiesen werden, um sie zum schnelleren Verlassen der Bundesrepublik zu bewegen.

Hungerstreiks und Selbstverletzungen sind oftmals der einzige Weg in die Freiheit.


QuickLinks



Offener Brief der Hungerstreikenen im Abschiebeknast Grünau
                                                                                                                 Berlin.23.05.05
Sehr geehrte Damen und herren

Hiermit beginen wir wider ungebrochen die hungerstrik damit möchten wir keiner erpressen
Aber das gemißen die ausländerbehörde und das amtsgericht Schöneberg erwecken daß sie menschlich und verantwortungsvoll die haftlinger behandeln.

Damit möchten wir.
Die haftlinger die bedroht im fall eine Abschiebung in ihre heimat mit folter und gefängnis
sollen entlaßen werden.
Die langehaft zeiten sollen endlisch eine ende haben weil das quält der haftlinger und schadet ihm körperlisch und geistlisch ..
Die Freilaßung die haftlinger die hungerstrik begangen haben.
Die Bereit mit die abschiebung bedroht sind
soll der Bundesamt noch ihre Akte öffnen
und Gesetzlisch und meschlisch die AzylENERKENNUNG nach zu denken.
Einige kürdische häftlinger sind bedroht mit folter und gefängnis und trotzdem sie stehen.
In die Abschiebungsliste daß muß die Ausländerbehörd und das Gericht Köpenik. Überlegen.
Die polizisten sollen micht mit machen uns geistlisch und körperlisch fertig zu machen.
Mehr infos:
*indymedia.org/
*xpedient.org/
*xpedient.org/

Quelle:Hungerstreikene im Abschiebeknast Berlin-Grünau

Hungerstreik in Nürnberger  Abschiebehaft
Nürnberg: Politischer Aktivist fürchtet bei Ausweisung in die Türkei um sein Leben
Gegen seine drohende Abschiebung befindet sich ein politischer Aktivist in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg seit drei Wochen im Hungerstreik. Er wolle lieber sterben, als in die Türkei abgeschoben zu werden, erklärte Cemal Karatastan. Ärzte bescheinigen ihm in einem Gutachten vom Dezember vergangenen Jahres massive posttraumatische Belastungsstörungen mit Depressionen und Selbstmordgefahr.

In der Türkei wurde Karatastan jahrelang verfolgt. Als Hasan Ocak, für den er arbeitete, von der Konterguerilla verschleppt und vermutlich ermordet wurde, setzte sich Karatastan für die Aufklärung von dessen Schicksal ein. So geriet er selbst ins Visier des Staates, wurde mehrfach festgenommen und gefoltert.

1998 desertierte Karatastan vom Wehrdienst, da er wegen seiner sozialistischen Gesinnung bei der Armee gequält wurde. Zunächst arbeitete er unter falschem Namen in Istanbul, bis er 2003 nach Deutschland fliehen konnte. Auch hier engagierte sich Karatastan gegen die nach Stammheimer Vorbild in der Türkei eingeführten F-Typ-Isolationsgefängnisse. Nach der Ablehnung seines Asylverfahrens versuchte er Anfang dieses Jahres nach Großbritannien zu fliehen. Doch er wurde in Frankreich gefaßt und Ende Februar nach Deutschland ausgeliefert, wo er sich seitdem in Abschiebehaft befindet.

Ein Asylfolgeantrag wurde vom Verwaltungsgericht Ansbach abgelehnt. Trotz seiner schweren psychischen Erkrankung führte ihn die Polizei zwangsweise beim türkischen Generalkonsulat vor, um »Heimreisepapiere« zu beschaffen.

Die Rote Hilfe in Nürnberg fürchtet im Falle einer Abschiebung um die Gesundheit und das Leben Karatastans, da ihm in der Türkei eine erneute Verhaftung, Folter oder gar das »Verschwindenlassen« drohen würde.
Quelle:jungewelt.de


Aktuelle Situation im (Berliner)  Abschiebungsgewahrsam
Flüchtlingsrat sieht weiter politischen Handlungsbedarf
Pressemitteilung vom 17. Juni 2005

Die aktuellen Entwicklungen im Berliner Abschiebungsgewahrsam geben aus Sicht des Flüchtlingsrats Berlin für die Senatsverwaltung für Inneres dringend Anlass politisch tätig zu werden. Der Senat sollte insbesondere die Einhaltung der geltenden Weisung zur Vermeidung von Abschiebungshaft durch die Berliner Ausländerbehörde gewährleisten.

Die lange Haftdauer gab regelmäßig Anstoß für Protestaktionen der Betroffenen. So begannen im April diesen Jahres 16 Insassen mit einem Hungerstreik, um u.a. gegen die langen Haftzeiten zu protestieren. Zuletzt befanden sich nach Informationen des Flüchtlingsrat noch 3 Personen im Hungerstreik, von denen ein kurdischer Flüchtling aus der Türkei gestern in das Haftkrankenhaus Moabit eingeliefert werden musste. Die Version der Polizeiführung, es habe sich nicht um einen Hungerstreik, sondern um eine Verweigerung der Annahme von Gewahrsamsessen gehandelt, verliert vor diesem Hintergrund den Bezug zur Realität.

Die lange Haftdauer kann in Verbindung mit einer mangelnden rechtlichen Vertretung und Aufklärung über die Haftgründe durch die Ausländerbehörde bei den Betroffen zu ernsthaften psychischen Belastungen führen. So kam es in dieser Woche zu zwei Suizidversuchen, die zum Glück verhindert werden konnten.

Im Interesse der Begrenzung der Haftdauer und ausgehend von der geltenden Weisung sollte der Senat regelmäßig auf die Auswertung der Praxis der Ausstellung von Reisedokumenten durch die Botschaften der Herkunftsländer drängen. Allerdings wurde die Inhaftierung von indischen Staatsangehörigen im Vorjahr erst eingestellt, nachdem das Landgericht Berlin Beschlüsse zur Unmöglichkeit der Abschiebung nach Indien innerhalb von 6 Monaten gefasst hatte. Ein vergleichbarer – noch nicht rechtskräftiger Beschluss – erging aktuell (15.06.2005) im Fall eines pakistanischen Staatsangehörigen. Wie im Fall der indischen Staatsbürger gab es u.a durch die Mitteilungen der Seelsorger auch in diesem Zusammenhang hinreichend Anzeichen für die Senatsverwaltung, eine Haftvermeidung für die genannte Personengruppe in Erwägung zu ziehen.

Nach einem Beschluss des Kammergerichtes vom März 2005 zur Vermeidung von Abschiebungshaft von Minderjährigen (vgl. Pressemitteilung des Flüchtlingsrates vom 24. März 2005) wurde von der Senatsverwaltung die geltende Weisung zur Abschiebungshaft geändert und die zwingende Prüfung alternativer Unterbringungsmöglichkeiten durch die Ausländerbehörde festgeschrieben. Dieses Prüfverfahren wird aber wie im Fall von zwei dem Flüchtlingsrat bekannten Jugendlichen durch die Durchführung von Altersfestsstellungen unterlaufen. Dabei kam es u.a. zum Röntgen der Handwurzel und damit zu einem Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Betroffenen.

Aus Anlass des Internationalen Tages des Flüchtlings am 20. Juni 2005, fordert der Flüchtlingsrat den Senat auf, die derzeitige Praxis der Anordnung und Verlängerung von Abschiebehaft unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit der Mittel zu überprüfen.

- Auf die Inhaftierung von Minderjährigen sollte ausgehend vom Kindeswohl generell verzichtet werden.

- Allen Inhaftierten sollte ein rechtlicher Beistand zur Seite gestellt werden. Es kann nicht allein die Aufgabe von NGOs sein, die Initiative zur Gründung eines Rechtshilfefonds zu ergreifen.

- Für die soziale und medizinische Versorgung der Betroffenen sollte einer unabhängige Stelle (z.B. getragen von den Wohlfahrtsverbänden) und nicht die Polizei Verantwortung tragen.

Flüchtlingsrat Berlin
Berlin, 17.06.2005
Quelle:fluechtlingsinfo-berlin

Anwälte für den Abschiebeknast

Flüchtlingsinitiativen gründen Rechtshilfefonds. Erwartetes Spendenaufkommen reicht für 200 Fälle im Jahr

Zehn Berliner und Brandenburger Flüchtlingsinitiativen haben einen Rechtshilfefonds für Abschiebehäftlinge gegründet. Damit soll Betroffenen anwaltliche Hilfe etwa bei zu langer Haftdauer ermöglicht werden, teilte der Jesuiten-Flüchtlingsdienst mit.

Angestrebt sei eine jährliche Summe von mindestens 60.000 Euro aus Spenden, sagte der Leiter der Einrichtung, Dieter Müller. Mit dem Geld könnten etwa 200 Fälle im Jahr betreut werden. In Berlin saßen 2004 rund 2.700 Menschen in Abschiebehaft, in Brandenburg etwa 600. Der Rechtshilfefonds solle zumindest einem Teil der Betroffenen konkrete Hilfe ermöglichen.

Seit Jahren werde die Verweildauer der Inhaftierten immer länger, hieß es. Viele kämen nach monatelanger Haft wieder frei, weil eine Abschiebung nicht möglich sei. Weil sie keinen Anspruch auf einen Pflichtanwalt haben, könnten die Betroffenen Gerichtsentscheidungen oder das Vorgehen der Ausländerbehörde nicht kontrollieren. Proteste und Hungerstreiks der Häftlinge, wie sie vor allem in Berlin immer wieder vorkommen, "haben auch etwas mit der fehlenden Rechtshilfe zu tun", betonte Müller. Mittelfristig müsse jedem Häftling ab dem vierten Monat ein Pflichtanwalt zur Seite gestellt werden.
Quelle:taz.de

Abschiebung ins Krankenhaus

Ein kurdischer Häftling des Abschiebegefängnisses Köpenick wurde ins Krankenhaus eingeliefert - nach langem Hungerstreik, sagen Insassen. Polizei leugnet, dass es die Protestaktion überhaupt gab

von PLUTONIA PLARRE

Der Abschiebegewahrsam Köpenick kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus. Nach mehrwöchigem Hungerstreik ist ein kurdischer Häftling gestern in das Haftkrankenhaus Moabit verlegt worden. Der Zustand des Mannes ist offenbar so Besorgnis erregend, dass der polizeiärztliche Dienst diese Maßnahme für geboten hielt.

Die Polizeiführung indes weigert sich, von einem Hungerstreik zu sprechen. Mehr noch: In einem Schreiben vom 14. Juni 2005 fordert eine Rechtsanwältin im Namen von Polizeipräsident Dieter Glietsch von der taz den Abdruck einer Gegendarstellung. Der Wortlaut: "Es gibt keinen Hungerstreik [im Abschiebegewahrsam Köpenick; d. Red.]. Die betreffenden Personen verweigern nur die Annahme des ihnen angebotenen Anstaltsessens. Sie nehmen jedoch andere Nahrungsmittel zu sich, die ihnen von Dritten zur Verfügung gestellt werden."

Der Streit um die Frage ist alt: Wer hat im Fall eines Hungerstreiks die Definitionsgewalt? Die Behörden, die stets von Verweigerung der Annahme der Anstaltskost reden, wenn Häftlinge einen Hungerstreik ausrufen? Oder die Protagonisten? Es wäre das erste Mal, dass die taz wegen ihrer Berichterstattung über eine Hungerstreikaktion vor Gericht gezerrt würde.

Die Ereignisse im Abschiebegewahrsam sprechen für sich. Der Leiter der Anstalt, Frank Kiele, bestätigte der taz, dass der kurdische Häftling Sükrü Unaldi gestern "auf Anraten des ärztlichen Dienstes" in das Haftkrankenhaus verlegt worden ist. Die genauen Gründe für die Verlegung seien ihm aber nicht bekannt, sagte Kiele. Er habe den Häftling auch nicht mehr persönlich gesehen. Er wisse aber, dass Unaldi "frühzeitig mit der Nahrungsverweigerung begonnen" habe. Zwischenzeitlich habe er mit der Aktion "auch mal aufgehört", diese dann aber fortgesetzt. Die genaue Anzahl der Tage der Nahrungsverweigerung kenne er nicht. Aus Unaldis Umkreis verlautet, der Insasse hungere seit fünfzig Tagen. Kiele zufolge ist der Insasse jedoch regelmäßig ärztlich untersucht und gewogen worden.

Der evangelische Pfarrer Dieter Ziebarth, der Häftlinge im Abschiebgewahrsam betreut, hat Unaldi am Mittwoch zum letzten Mal gesehen. Da habe dieser "einen äußerst geschwächten Eindruck" gemacht, sagte Ziebarth gestern der taz. Konkret sprach der Pfarrer von "deutlichen Spuren langwährenden Hungerns". Bei dem Gespräch mit ihm in der Zelle habe Unaldi mehr gelegen als gesessen.

Neben dem Kurden hatten in letzter Zeit mehrere Abschiebehäftlinge gehungert, die genaue Zahl ist unklar. "Einige wenige" betreiben laut Kiele immer noch "Nahrungsverweigerung". Die Übrigen hätten ihre Aktion nach einem Gespräch am Runden Tisch mit der Anstaltsleitung beendet.

Hauptforderung der Aktion von Unaldi und den anderen ist nach Information der taz, nicht abgeschoben zu werden. Von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) war gestern keine Stellungnahme zu den jüngsten Entwicklungen zu erhalten. Ihm wird der Fall eines Tamilen wohl noch gut in Erinnerung sein. Der Abschiebehäftling hatte sich im Sommer 2004 an den Rand des Komas gehungert. Seit der Entlassung aus dem Krankenhaus ist er untergetaucht.
Quelle:taz.de 17.06. 05


Zur Situation im Knast:

Seit dem 16. April 2005 befanden sich einige Häftlinge in Hungerstreik um auf die unmenschlichen Bedingungen sowie psychischen und physischen Schikanen aufmerksam zu machen. Am 27. Mai wurde ein runder Tisch anberaumt und im Vorfeld die Hungerstreiks ausgesetzt. Nachdem klar wurde, dass es außer dem Gespräch keine Konsequenzen seitens der Knast-Leitung geben werde setzten fünf Inhaftierte den Hungerstreik fort. Einen Tag nach dem Gespräch wurde wieder einmal deutlich wie im Abschiebe-Lager mit Menschen umgesprungen wird: Ein 27 jähriger Algerier klagt über starke Schmerzen im Brustbereich. Die Wärter lassen sich jedoch ungern stören und verweisen bei der Hitze darauf, dass Herr B. doch mehr trinken solle - sie halten sich für kompetent genug eine medizinische Analyse zu stellen. Erst nach vier Stunden und der Androhung von Mitgefangenen, "Probleme" zu machen, wird B. ins Krankenhaus gebracht. Die Ärzte stellen einen Herzinfarkt fest - nach Aussage von Ärzten hat er nur knapp überlebt.

Von den vier Zeugen dieses Vorfalls ist einer bereits nach Tunesien abschoben und dort gleich wieder festgenommen worden, einem weiteren droht die Abschiebung in die Türkei, er befürchtet Folter. Zwei weitere wurden letzte Woche freigelassen.

Fotos von der Demo zum Abschiebeknast unter: umbruch-bildarchiv

Quelle:umbruch-bildarchiv

Hungerstreik in Berliner Abschiebehaft

Gefangene protestieren gegen skandalöse
Haftbedingungen. Flüchtlingsrat fordert Konsequenzen
 
Noch immer befinden sich Inhaftierte des
Abschiebeknastes Berlin-Grünau im Hungerstreik. Der
bereits Mitte April von 16 Gefangenen begonnene
Protest richtet sich gegen lange Haftzeiten ohne
Entscheidung über den Asylantrag, schlechte
medizinische Versorgung, Schikanen und Mißhandlungen
durch das Wachpersonal und die Abschiebung in Staaten,
in denen politisch Verfolgten Folter droht. Aufgrund
von Verhandlungsangeboten des Anstaltsleiters war der
Hungerstreik zwischenzeitlich ausgesetzt worden. Als
deutlich wurde, daß nicht auf die Beschwerden der
Häftlinge eingegangen wird, nahmen sechs von ihnen den
Hungerstreik nach einwöchiger Unterbrechung am 23. Mai
wieder auf.

Am 28. Mai kam es zu einem weiteren skandalösen
Zwischenfall in dem bundesweit größten Abschiebeknast.
Einem schwer erkrankten 27jährigen Algerier wurde über
vier Stunden die ärztliche Hilfe verweigert. Erst nach
massivem Protest von Mitgefangenen wurde er in ein
Krankenhaus gebracht. Den dort festgestellten
Herzinfarkt überlebte er nach Aussagen der Ärzte nur
knapp. Der Berliner Flüchtlingsrat fordert, der bisher
zuständigen Polizei die Verantwortung für die
medizinische Versorgung zu entziehen und unabhängigen
Ärzten zu übertragen.

Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu ähnlichen
Vorkommnissen. Auch häufen sich in Grünau
Suizidversuche und Selbstverletzungen. Inzwischen
wurden bereits mehrere Teilnehmer des Hungerstreiks
abgeschoben. Unter ihnen ist ein Tunesier, der direkt
nach der Ankunft in Tunis festgenommen wurde und
mehrere Tage inhaftiert blieb. Am Montag sei ein
weiterer kurdischer Häftling in die Türkei abgeschoben
worden, wie der Seelsorger des Abschiebegefängnisses
jW mitteilte. Um die Forderungen der verbliebenen drei
Hungerstreikenden zu unterstützen, ruft ein Bündnis
antirassistischer Gruppen für den 9. Juni zu einer
Demonstration am Abschiebegefängnis auf. Treffpunkt
ist um 18 Uhr am S-Bahnhof Spindlersfeld.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2005/06-08/020.php


"Menschenwürdige Zustände kommen nicht von selbst"

Nach dem lebensbedrohlichen Herzinfarkt eines
Algeriers in der Abschiebehaft fordern die Grünen
Konsequenzen
Herr Ratzmann, der Vorfall im Köpenicker
Abschiebegewahrsam wird auf mögliche unterlassene
Hilfeleistung untersucht, verspricht Innensenator
Körting. Reicht Ihnen das?

Nein. Schon einmal ist die Verbesserung der
medizinischen Versorgung versprochen worden - und
jetzt passiert so eine Katastrophe. Dort herrscht eine
Atmosphäre, in der erst mal bezweifelt wird, dass
überhaupt ein Notfall vorliegt. Das ist das Problem.
Die Häftlinge müssen ernst genommen werden.

Was muss sich ändern?

Es darf jetzt nicht zu falschen Solidarisierungen
kommen. Die Verantwortlichen müssen zur Verantwortung
gezogen werden. Es muss dort eine Mannschaft geben,
die auch Verständnis für die Situation der Häftlinge
hat. Allerdings hat sich in der Einrichtung in den
vergangenen anderthalb Jahren schon viel geändert. Es
gibt keine Innengitter mehr, die die Räume wie Käfige
aussehen ließen, die Besuchszellen sind abgeschafft,
das Klima ist insgesamt besser geworden. Das hat aber
wieder nachgelassen.

Warum?

Offenbar braucht man ständigen Druck, damit solche
Verbesserungen bestehen bleiben. Dafür müssen wir
sorgen.

Was schlagen Sie konkret vor?

Auf jeden Fall müssen die Ärzte schneller erreichbar
sein, auch in der Nacht und am Wochenende. Man sollte
die medizinische Versorgung am besten völlig von den
Behörden abkoppeln. Wenn das unabhängige
niedergelassene Ärzte übernehmen, dann kann sich auch
nicht so ein amtsärztlicher Dunst des generellen
Misstrauens entwickeln.

Auch die gesunden Insassen leiden massiv unter der
Situation.

Der Senat könnte durchaus eigene Akzente setzen und
die Spielräume nutzen, die das Bundesgesetz lässt.
Immer noch sitzen viele dort monatelang, obwohl die
Voraussetzungen gar nicht geklärt sind. Manche können
überhaupt nicht abgeschoben werden, wie viele
Palästinenser aus dem Libanon. Die haben dann dort
nichts zu suchen.

Kann ein Bundesland auf ein Abschiebegefängnis
verzichten?

Nein, das geht rechtlich sicher nicht. Man muss eine
Einrichtung haben, die die Abschiebung sichert, wenn
zu erwarten ist, dass jemand untertaucht.
Freiheitsentzug ist als Zwangsmittel nicht
ungewöhnlich: Wer auf Grund eines Ehrenworts
gesetzeswidrig die Namen von Spendern geheim hält, der
kann in Beugehaft genommen werden . - das ist eine
Ermessensfrage. Auch Berlin könnte viel mutiger sein
bei der Entscheidung, wer ins Gewahrsam kommt und wer
nicht. Es wird sich ja niemand dort einklagen.

Die Haft soll auch abschrecken .

Das ist richtig, aber nicht der Sinn. Ein Gewahrsam
soll die Abschiebung sichern. Das ist nur dann
berechtigt, wenn die Abschiebung auch erfolgen kann.
Es geht nicht, dass die Leute über Monate herumsitzen.
Sie haben keine Straftaten begangen, vor ihnen muss
niemand geschützt werden.

Lässt sich die Menschenwürde in so einem Haus
garantieren?

Menschenwürdige Zustände lassen sich herstellen. Aber
sie kommen nicht von selbst.

Das Gespräch führte Jan Thomsen.

Quelle:berliner-zeitung

"Die Krankheit zu spät erkannt

Dass ein Häftling mit Herzinfarkt im Abschiebeknast zu spät behandelt wurde, gibt Polizeipräsident Glietsch zu. Er bezweifelt aber, dass das Personal nicht reagiert habe, als Insassen Hilfe holen wollten

INTERVIEW PLUTONIA PLARRE

taz: Herr Glietsch, ein Häftling mit Herzinfarkt musste im Abschiebeknast vier Stunden auf die richtige medizinische Behandlung warten. Schreit dieser Vorfall nicht nach Konsequenzen?

Dieter Glietsch: Wenn sich im Laufe des Ermittlungsverfahrens herausstellt, dass wir personelle Konsequenzen ziehen müssen, weil sich jemand vorwerfbar fehlverhalten hat, werde ich das tun. Bis zum nächsten Innenausschuss in zehn Tagen bin ich hoffentlich genauer im Bilde.

Haben Sie Zweifel an den Berichten?

Fest steht für mich: Es ist zu spät erkannt worden, dass der Insasse eine sofort behandlungsbedürftige Krankheit hatte. Im Übrigen sind Zweifel berechtigt.

Das Personal soll mit Gelächter und Worten wie "Ihr seid doch alle krank" reagiert haben, als Mitgefangene Hilfe holen wollten. Halten Sie das für ausgeschlossen ?

Nichts ist ausgeschlossen. Aber nach allen Erfahrungen der letzten drei Jahre spricht sehr viel dafür, dass das so nicht war, denn wir haben uns sehr intensiv um die Verbesserung der Situation in der Abschiebehaft bemüht. Die Bemühungen, aus einer Verwahranstalt einen Gewahrsam mit einer menschenwürdigen, sozialen Betreuung zu machen, sind von allen Mitarbeitern mitgetragen worden. Alle, der ärztliche Dienst und das Bewachungspersonal, sind in dieser Richtung qualifiziert worden. Da ist unheimlich viel geschehen.

Wollen Sie damit andeuten, der Vorfall ist nur ein Ausrutscher?

Mit Sicherheit ist es ein Einzelfall. Die ärztliche Betreuung ist gut organisiert. Eine Fehldiagnose durch einen Sanitäter oder Arzt ist nirgendwo auszuschließen.

Die Frage ist, welche Grundhaltung dahinter steckt, wenn Beamte nicht auf Hilferufe reagieren.

Sie unterstellen, dass der Vorwurf stimmt. Ich habe Grund, daran zu zweifeln. Wir haben mit Erfolg daran gearbeitet, die Einstellung der Mitarbeiter, soweit sie denn veränderungsbedürftig war, zu verändern. Alle Kolleginnen und Kollegen haben sich an einer zwölftägigen Fortbildung - veranstaltet vom Xenos-Projekt mit dem Bund gegen ethnische Diskriminierung - beteiligt. Darin ging es ausschließlich um die Kommunikation, Konfliktbewältigung, Deeskalation und Verständnis für die Situation von Migranten in Haft.

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen sagt, es dauert immer sehr lange, bis bei gesundheitlichen Beschwerden reagiert werde.

In meiner dreijährigen Amtszeit ist in dieser Hinsicht nicht ein einziges Mal ein Vorwurf erhoben worden, der berechtigt gewesen wäre.

Eine Verbesserung der Organisation, was die medizinische Versorgung angeht, halten Sie also nicht für erforderlich?

Nach meinem heutigen Kenntnisstand nicht. Auch damit wäre keine Fehldiagnose zu verhindern.

Der mehrwöchige Hungerstreik im Abschiebeknast zeigt, dass die Stimmung äußerst angespannt ist. Der Vorfall ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die eine menschenwürdige Behandlung vermissen.

Jetzt sage ich Ihnen noch einmal, was wir in den letzten drei Jahren gemacht haben …

das haben Sie schon. Bitte nicht ungehalten werden.

Ich bin nicht ungehalten, sondern ein bisschen emotional berührt, wenn ich Zeitungskommentare lese …

Sie meinen den Guantánamo-Vergleich der Berliner Zeitung?

Den Vorwurf, wir würden Verstöße gegen die Menschenwürde akzeptieren, weise ich mit allem Nachdruck zurück. Der Grundsatz "so viel soziale Betreuung wie möglich und so viel Bewachung wie nötig" wird sehr ernst genommen.

Genießt der Anstaltsleiter des Abschiebegewahrsams noch Ihr volles Vertrauen?

Herr Kiele zeigt einen ungeheuren Einsatz. Ich kann mir an dieser Stelle überhaupt keinen anderen wünschen.
Quelle:taz.de-3.06.05




Termine

   Am 22.Oktober will die NPD durch Berlin-Pankow marschieren.
mehr
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Hintergrundtext zur
europäischen Lagerpolitik
 

Das Mittelmeer als neuer Raum der Abschreckung

Flüchtlinge und MigrantInnen an der südlichen EU-Außengrenze

von Helmut Dietrich (ffm Berlin)

hier


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EU/Marokko: Abschiebung in den Tod

 In den letzten Tagen hat es viele Tote gegeben; viele Menschen werden jetzt in der Sahara ausgesetzt und werden verhungern und verdursten. Europaweit finden  Proteste statt, viele unter dem Motto 'Nicht in unserem Namen', der erste in Brüssel. Am 12.10. beteiligten sich in Frankfurt zwischen 100 und 200 Menschen an einer Demonstration zum spanischen Konsulat. Am 13.10. wurden in Osnabrück mehrere große Transparente aufgehängt, in Rabat (Marokko) gab es einen Sitzstreik, in Lindau eine Mahnwache. Am 14.10. demonstrierten 4-500 Personen in Hamburg (Fotos) und marokkanische Organisationen in Den Haag. In Spanien gab es Demonstrationen in Madrid, Pamplona und am 16.10. in Barcelona mit 2000 Personen. Die IOM behauptet derweil, die MigrantInnen wollten gern wieder nachhause. Die Polisario meldet weiterhin, immer wieder in der Wüste ausgesetzte Flüchtlinge zu retten. Am 15.10. demonstrierten 50 Menschen in München, am 17.10. gab es eine Kundgebung in Berlin (Video von KanalB) und am 18.10. in Athen.
Übersicht auf indymedia Germany hier

  Indyprint-Special "Der Sturm auf Europa"






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