WILLKOMMEN
bei Marianne Marlene Peternell
KEIN SCHATTEN                     

Zuerst wurde der Tod verbannt und das Alter.
Schöne und junge Menschen gab es überall.
Jetzt wird der Schatten selbst verbannt.
Keiner hat ein Problem.
Oder sieht einen Schatten.
Wo denn?

Sonst ist er selber schuld.
Vielleicht hat er den falschen Umgang?
Oder das falsche Buch gelesen.
Die falschen Gedanken im Kopf.
Wer ein Problem hat, muss zum Experten. Heimlich.
Es gibt massenhaft Ratgeber.

Ängstlich verbergen wir voreinander die Schatten.

Schweigemantel. Erfahrungen gemurmelt vertuschen im Sand.
Schreib ein Buch, einen Ratgeber.
Was, willst Rat geben, aber du, du hast doch auch, da, ich seh' das

Zipfelchen, da Schatten, ein Problem, steig herab.

Du hast uns nichts zu sagen!
Warte auf den Erlöser! Den Experten! Wir könnten dich beraten! Ha!

Erfahrungen werden nicht getauscht. Die Sprache von Herz zu Herz verstummt.
Hochgerüstet mit Weisheit, aufgerüstet, wehe du trittst in meinen Schmerz!

Sonnenhell ausgeleuchtet ist das Land und schön.
 
 
 
 
Europäerin               
 
Ich hungere und doch habe ich immer zu essen.
Ich friere und doch habe ich warme Kleider und Zentralheizung.
Ich bin einsam und doch bin ich selten allein. Ich bin Europäerin.
Es geht mir gut.
 
 
  
 
 
 
 
  
 
Weiche, kleine Wellen
 
Weiche kleine Wellen
tragen meinen Körper.
Der See liegt grün und glatt
im Morgenlicht.
 
Die Berge schweigen gefügig
vor dem bewegten Wasser.
Ich gleite und werde gewiegt.
 
Kein Stein fiel.
Kein Stern zerbarst.
Kein Mond zerbrach.
 
Das Käuzchen rief.
 
 
 
 
 
Severin, Sievering
 
Hartgeld und Weingut
Klatschen und Klatsch
Auf den Wiesen der Mohn
Augengemurmel
Streifengelächel
Spitzen.

Immer nett  spitz 

unter den Trauben.

 
 
 
 
 
HERBST                            von Marianne Peternell
 
 
Das Jahr beginnt im Herbst.
Die Wurzeln des Sommers treiben Sprösslinge,
Die Augen blind vom Holunderrausch im Sturm.
Gespanntes Tun – von der Feder getrieben.
 
Das Kreuz in der
Novemberschwärze – eine Kulisse.
Aus Sohlen und Kiefern holen wir Worte
wie Zapfen und stampern sie ins Sein.
 
Dünger auf die Felder des Geistes und
Es weht durch uns durch und wohin
Der kleine Knabe wird geboren.
Die Herbstarbeit kommt zur Ruhe
 
 
 
 
 

Marlene

 

Unter der Laterne. 

Nebelhauch. Schwarzes Haar und Seide.

Fremd beäugt sie den Freund.   

Der fürchtet Hunde.

 

 

Rauch. Rauchig.Verrucht.

Doch ihre Stimme weich und bestimmt und biegsam

Zuverlässiges Dasein.

Die goldene Klingelkugel rollt über Glas. 

Am großen Meer schweigt das Eichkätzchen still.  

Die kleine sehnige Tigerkatze schleicht abenteuernd aus der Türe. 

Die Gockel krähen herausfordernd.

Und über allem gespannte Stille. Gaze.

Der Sehnsuchtston im immerwährenden Lied. 

Ein kleines rundes Mädchen läuft durch das Bild.

Walten. Warten. Spannen. Sein.
 
 


Garfunkelgestein
 
Einst fürchtete ich (sinnlos war es)
an den Korallentoren meines Muschelpalastes
die Kerzen zu zünden.
(Du wolltest nicht suchen.)
 
Einst fürchtete ich (grausam war es)
in die blauesten Fahnen meiner Träume
zu weben die Schönheit der Erde deiner Augen.
(Du gehörtest mir nicht an.)
 
Tief sitzt du in Schwärze
- Diamantengarfunkel -
Aber du spannst mich wieder ins Kreuz.
Das rädert samten.
 
Schwarze Flocken der Finsternis
beschneiten mein Antlitz
und über dem schrecklichen Mond
schäumte silbern mein Herz.
 
 


 
 Julia L.

Abendsonne, rot und violett und orange warst du
Und ich sehe dich nicht mehr.
Du hast mich verjagt.
Ich soll nicht mehr kommen.
Und Sprache warst du und Bilder und Lieder
Und Welt und Leben.
Mein Herz.
Eine einfache Speise aus Griechenland,
Verzehrt in der Sonne.
Geduscht in einer kleinen Nische mit Ölfarben.